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Einspeisemanagement – Einfluss auf Marktpreise und Regelenergie
Strukturveränderungen durch den Ausbau Erneuerbarer Energien und immer mehr dezentrale Einspeisungen belasten das Gesamtsystem. Damit steigen die Anforderungen an die Regelenergiemärkte und die Bedeutung von Flexibilitäten wächst zunehmend. EinsMan-Maßnahmen haben wachsenden Einfluss auf Strompreise und Regelenergie.
Die Experten von UBIMET, dem global führenden Anbieter von meteorologischen Prognosesystemen, Geschäftsführer Alexander Lehmann (re.) und Dr. Constantin Junk (li.) zeigen in ihrem Beitrag den Zusammenhang zwischen EinsMan, Strompreisen und Regelenergie auf.
Foto links: Rebekka Weiland Fotografie
Bereits in der Ausgabe 4/2017 in themen|:magazin hatten wir die Bedeutung des Einspeisemanagements (EinsMan) in Deutschland benannt. In Fortsetzung dieses Beitrages beleuchten wir quantitative Analysen von UBIMET in Bezug auf EinsMan-Mengen und deren Einfluss auf Strompreise und Regelenergie. Der Umfang und die Häufigkeit von EinsMan-Maßnahmen nehmen in Deutschland beständig zu. Die Analysen von UBIMET weisen auf einen klaren Zusammenhang zwischen EinsMan, Strompreisen und Regelenergie hin.
Zunahme von Einspeisemanagement-Maßnahmen
Nachdem die Bundesnetzagentur eine Abnahme des Einspeisemanagements von 4,7 TWh in 2015 auf 3,7 TWh in 2016 veröffentlichte, was unter anderem auf ein windschwaches Jahr 2016 zurückführen ist, zeigen die aktuellsten Zahlen einen neuen Höchstwert für 2017. In Summe haben Netzbetreiber 5,5 TWh abgeregelt – ein Großteil davon in Schleswig-Holstein (Abbildung 1). Von den Abregelungen betroffen sind vor allem Windkraftanlagen, weniger Solaranlagen und Biomassekraftwerke, was an der Kombination aus installierter Leistung und Standort der Anlagen liegt, sowie der Netztopologie in der betroffenen Region.
Dass die Bedeutung von EinsMan trotz des Netzausbaus der Übertragungs- und Verteilnetzbetreiber weiter stark zunimmt, zeigt auch das noch junge Extrem-EinsMan-Event vom 15.-19. März 2018. Zum einen wurde über diesen Zeitraum in Summe eine erhebliche Anzahl an EinsMan-Maßnahmen durchgeführt, zum anderen wurden am 18. März um die Mittagszeit mit 5,9 GW so viele Erneuerbare Energien (EE)-Anlagen abgeschaltet wie noch nie zuvor (Abbildung 2). Ausgehend von der Annahme, dass ein mittleres Atomkraftwerk eine Nennleistung von etwa 1.000 MW hat, wurde zu diesem Termin EE-Leistung mit einem Gegenwert von knapp 6 Atomkraftwerken unvermittelt vom Netz genommen, um Netzengpässe zu vermeiden.
Einfluss von EinsMan auf Strompreise
In Abb. 2 ist zudem exemplarisch der unmittelbare Zusammenhang zwischen EinsMan und Strompreisen dargestellt. Während am 16.-18. März fast durchgehend mehr als zwei GW EE-Anlagen vom Netz genommen wurden, konnte man im kontinuierlichen Intraday- Handel einen deutlichen Preisanstieg gegenüber der Day-Ahead-Auktion beobachten. Teilweise lag die Preisdifferenz zwischen ID3- Handel und Day-Ahead-Auktion bei über 50 Euro/MWh.
Die Analyse eines längeren Zeitraums zeigt ebenfalls diesen Preisanstieg. Wertet man alle EinsMan-Events größer als 1.000 MW vom Januar 2016 bis zum April 2018 aus, liegt der mittlere Preisspread von ID3 und Day-Ahead bei über 2 Euro/MWh. EE-Abregelungen im Rahmen von EinsMan führen demnach zu systematischen Preisdifferenzen zwischen Spot- und Intraday-Markt.
Aufgrund der bei UBIMET durchgeführten Modellierung des Einspeisemanagements sowie der Rückmeldungen unserer Kunden, die mehrtägige UBIMET EinsMan-Prognosen* operationell beziehen, ist folgender Erklärungsansatz schlüssig: Einspeisemanagement wird von den meisten EE-Leistungsprognosen, basierend auf statistischen Verfahren, nur unzureichend abgebildet. Die Folge sind systematische Prognosefehler der meisten EEPortfolios sowie ein kurzfristiger Kauf- bzw. Verkaufsdruck für die Bilanzkreisverantwortlichen, welche auch für die Beschaffung der Ersatzenergie verantwortlich sind.
Einfluss von EinsMan auf Regelenergie
Da Bilanzkreisverantwortliche meist nur einen Anteil der durch die Abschaltung fehlenden Energie kurzfristig nachkaufen, kann davon ausgegangen werden, dass der verbleibende, nicht unerhebliche Teil der abgeschalteten Energiemengen, normalerweise durch Kraftwerke als Regelenergie bereitgestellt wird. Darauf weisen zumindest Zeitreihen des Regelzonensaldos im Netzregelverbund hin. Diese geben an, ob die vier Regelzonen in Deutschland über- oder unterdeckt sind und somit positive oder negative Leistung durch Regelenergiekraftwerke bereitgestellt werden musste.
Um die obige Hypothese zu verifizieren, wertete UBIMET für das Jahr 2017 aus, ob eine mittlere Zu- oder Abnahme von EinsMan innerhalb von 15 Minuten eine entsprechende Auswirkung auf das Regelzonensaldo hatte. Die Analysen von UBIMET weisen deutlich auf einen positiven Zusammenhang hin (Abb. auf Nachfrage). Eine Zunahme an EinsMan-Maßnahmen hat demnach zur Folge, dass auch das Regelzonensaldo zunimmt (positiver Regelzonensaldo entspricht einer „Unterdeckung“ der Regelzonen). Umgekehrt nimmt das Regelzonensaldo ab, wenn sich die Anzahl der EinsMan-Maßnahmen verringert.
Insgesamt zeigen unsere neuen Analysen deutlich, dass die Eingriffe der Netzbetreiber im Rahmen des Einspeisemanagements maßgeblichen Einfluss auf das Marktgeschehen haben. Sowohl die Strompreise im Day Ahead als auch Intraday werden nachweislich und signifikant beeinflusst. Zudem gibt es klare Wechselwirkungen zwischen EinsMan und dem Abruf von Regelenergie. Mittelfristig ist mit einer weiteren Zunahme der Beeinflussung innerdeutscher Netzengpässe von Stromund Regelenergiemärkten zu rechnen. Die Berücksichtigung von Netzrestriktionen für ein erfolgreiches Trading nimmt nach Ansicht von UBIMET beständig zu.
* Die Erfindung, die die Grundlage unserer Lösungen
bildet, ist als Gebrauchsmuster (DE 20 2017 100
343.4) geschützt und wurde von UBIMET zudem
zum Patent (DE 10 2017 101 265.6, Europäische
Patentanmeldung No. 18152474.5 sowie in den USA
US Patent Application No. 15/879,326) angemeldet.