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02.06.2021 17:54 Alter: 3 yrs

Diskussion zur Energie- und Klimapolitik: Wirtschaft rauf, CO2 runter

Die Energie- und Klimapolitik der Bundesregierung verlangt in der nächsten Legislaturperiode eine sachbezogene Diskussion zu Fehlentwicklungen und notwendigen strategischen Weichenstellungen. 40 Organisationen aus den Bereichen Wirtschaft, Umwelt- und Verbraucherschutz sowie Unternehmen setzen - initiiert von DENEFF Deutsche Unternehmensinitiative für Energieeffizienz - mit einer gemeinsamen Erklärung an die Vorsitzenden der Parteien im Vorfeld der Bundestagswahl hierfür einen Auftaktimpuls. Zu den Unterzeichnern gehört auch das bundesweit aufgestellte Wohnungsunternehmen VONOVIA SE. Wir sprachen exklusiv mit Konstantina Kanellopoulos, Generalbevollmächtigte der VONOVIA SE.


Konstantina Kanellopoulos, Generalbevollmächtigte, VONOVIA SE Foto VONOVIA

Bei den an die Bundesregierung adressierten Handlungsfeldern handelt es sich um das Ergebnis eines partizipativen Diskussionsprozesses. In den kommenden Wochen soll dazu intensiv, vertieft und öffentlich mit den Parteien diskutiert werden. Ein sogenanntes Klimamainstreaming soll helfen, alle neuen und alten Gesetze auf ihre Vereinbarkeit mit den Klimazielen hin zu überprüfen und gegebenenfalls anzupassen.

Frau Kanellopoulos, warum beteiligt sich VONOVIA an diesem Appell?

In Bund und Ländern stehen richtungsweisende Wahlen an. Das heißt, in der kommenden Legislaturperiode müssen die politischen Weichen gestellt werden hin zu einem echten Modernisierungs- und Transformationsprogramm für Deutschland. Die Regierungsprogramme müssen jetzt die Antworten darauf geben, ökonomische Erholung und konsequenten Klimaschutz miteinander zu verbinden. Der Energieeffizienz kommt dabei eine Schlüsselrolle zu. Die nächste Bundesregierung muss den Aufbruch in die Effizienzrepublik Deutschland starten. Es gilt, heimische Wertschöpfung und nachhaltige Jobs zu verbinden und somit gestärkt aus der Corona-Krise hervorzugehen.

In der kommenden Legislaturperiode muss sich die neue Bundesregierung zwei zentralen Aufgaben stellen: der Bewältigung der Folgen der Coronakrise und dem Klimaschutz. Daher betonen wir in dem offenen Brief unsere Erwartung an die Regierungsprogramme, ökonomische Erholung und konsequenten Klimaschutz miteinander zu verbinden.

Wie sind die gemeinsamen Positionen entstanden und welche Anforderungen werden an die neue Bundesregierung gestellt?

Die gemeinsamen Positionen entstanden in einem Recoverthon, einem kollaborativen Onlineformat, bei dem mehrere hundert Personen aus Politik, Verbänden und Unternehmen im vergangenen Jahr mitgewirkt haben. Das Motto des Recoverthons lautete: „Wirtschaft rauf, CO2 runter“. Neben Ideen zur optimalen Nutzung der Impulse des Konjunkturpakets sind auch neue Politikvorschläge entstanden. Es wurden vier zentrale Handlungsfelder herausgearbeitet: Klimaziele, Energiepreise, Gebäudesanierung und Investitionen.

Bestehende und neue Gesetze, Programme, Subventionen, Beschaffungsvorgaben etc. gehören auf den Prüfstand, ob sie mit den Pariser Klimaschutzzielen kompatibel sind. Auch die zahlreichen Abgaben, Umlagen und Steuern im Energiebereich müssen grundlegend reformiert und auf die Energie- und Klimaziele ausgerichtet werden. Deshalb sind quer über alle Sektoren hinweg politische Strategien notwendig, um den Weg für Klimaschutzinvestitionen in Industrie und Mittelstand freizumachen. Konkret nennt die Erklärung eine beschleunigte Abschreibung für besonders klimafreundliche Investitionen. Verbindliche Energieeffizienzziele sollten dabei Leitplanken für Investitionen geben.

Das jüngste Urteil des Bundesverfassungsgerichts, mit dem die Regierung aufgefordert wird, einen schlüssigen Pfad zur Klimaneutralität aufzuzeigen, wird die politischen Entscheidungen zugunsten des Klimaschutzes beschleunigen. Mehr noch, Klimaschutz wird zum Grund recht. Wir als Vonovia haben uns bereits auf einen verbindlichen Klimapfad festgelegt. Mit jährlich messbaren Zielen wollen wir bis 2050 einen nahezu klimaneutralen Gebäudebestand erreichen. Die Vergütung der Vorstände ist gebunden an das Erreichen dieser im neuen Nachhaltigkeits-Performance-Index SPI festgelegten Ziele - wie zum Beispiel die jährlich erzielte CO2 -Einsparung im Gebäudebestand.

Welchen Stellenwert besitzt die CO2- Einsparung im Gebäudebestand?

Der Betrieb von Gebäuden verursacht rund 30 % der gesamten CO2 -Emissionen Deutschlands. Die bundesweite Sanierungsquote von rund 1 Prozent wird aber nicht ausreichen, um einen klimaneutralen Gebäudebestand zu erreichen. Dadurch spart man zwar CO2 -Emissionen ein, aber eben nicht genug. Zumal wir in Deutschland mehrheitlich von Häusern sprechen, die ein halbes Jahrhundert alt sind.

Das Thema beschäftigt uns als Wohnungsunternehmen seit langer Zeit. Unsere bereits im Geschäftsbericht 2017 formulierte Zielmarke der Sanierungsquote liegt bei rund 3 Prozent. Schwerpunkte der energetischen Modernisierungsmaßnahmen bestehen in der Dämmung von Fassaden, Kellerdecken und Dachböden und dem Austausch von Fenstern. Auch durch die Erneuerung von Heizkesseln– und zukünftig auch vermehrt durch den Einsatz von erneuerbaren Energieträgern – kann eine große Reduktion des Ressourcenverbrauchs erzielt werden. Dabei arbeiten wir bedarfsorientiert und achten darauf, den optimalen Modernisierungsgrad für das jeweilige Gebäude zu wählen. Teilmodernisierungen, also die Durchführung nur einzelner Modernisierungsmaßnahmen, stellen dabei oft den besseren Weg zu einem effizienten Kosten-Nutzen-Verhältnis dar als eine Vollmodernisierung.

Aber in der Praxis kommt die energetische Gebäudesanierung kaum voran ...

Der Weg zu einem klimaneutralen Gebäudebestand ist weit. Grundsätzlich sind die Weichen durch die Politik so zu stellen, dass die Klimaneutralität auch verwirklicht werden kann. Ein verlässlicher Förderrahmen und klare politische Linien müssen dafür die nötige Planungssicherheit schaffen. Die Reduktion der Energieverbräuche in den Gebäuden, also eine höhere Energieeffizienz, und das Ersetzen herkömmlicher Energieträger durch erneuerbare Energien sind die entscheidenden Stellschrauben. Denn energetische Sanierung allein reicht nicht, um den Gebäudebestand klimaneutral zu gestalten. Die Energiewende gelingt nur, wenn wir sie im Bestand umsetzen, also die Gebäude dämmen und gleichzeitig lokal im Quartier mehr Strom aus erneuerbaren Energien, zum Beispiel aus Photovoltaik, erzeugen und verbrauchen. Der mit PV erzeugte Strom könnte zukünftig u. a. in Wasserstoff umgewandelt werden, mit dem über eine Brennstoffzelle im Winter die Gebäude beheizt werden können.

Wie geht Vonovia die dezentrale Energiewende an?

Vonovia setzt auf die dezentrale Energiewende. Die Ausweitung der dezentralen Versorgung mit erneuerbaren Energien ist der zweite große Hebel zur Verbesserung unserer Klimabilanz. Die Idee dahinter: Durch Mieterstrommodelle, also Strom, der in unmittelbarer räumlicher Nähe zum Abnehmer produziert (PV) und nicht über die öffentlichen Netze geleitet wird, wollen wir die Mieter stärker beteiligen und so mehr Akzeptanz für die Energiewende erreichen. Mittel- bis langfristig setzt Vonovia auf eine dezentrale Energieversorgung der eigenen Quartiere über Mieterstromkonzepte. Wir brauchen allerdings veränderte politische Rahmenbedingungen, wie zum Beispiel die Befreiung des Mieterstroms von Netzentgelten und Abgaben. Unser Ziel ist, den Anteil selbst produzierter Energie zu maximieren und auch für unsere wohnungsnahen Angebote, z. B. E-Mobilität, zu nutzen.

Im Geschäftsjahr 2020 haben wir bei Vonovia den Ausbau erneuerbarer Energien weiter vorangetrieben. Nach Städten wie Dresden und München verfügen nun auch Vonovia Quartiere in Leverkusen und Gelsenkirchen über eigene Photovoltaik-Anlagen. Rund 400 Anlagen zählen zum Bestand von Vonovia. Vonovia erzeugt jährlich rund 14,5 Mio. kWh Solarenergie und spart gleichzeitig rund 2.700 Tonnen CO2 ein. Durch unsere zusammenhängenden Quartiere – insbesondere in urbanen Ballungsräumen – und die Vielzahl an Dachflächen stehen uns hier interessante Möglichkeiten für den Einsatz und Ausbau erneuerbarer Energien in unseren Immobilienbeständen zur Verfügung.

Zudem haben wir bereits 2018 eine Solarkatasteranalyse durchgeführt und auf rund 5.000 Dachflächen in unserem Bestand großes Potenzial für Sonnenenergie entdeckt. Diese Analyse bezog sich auf 1/3 unseres Bestandes. Wir gehen davon aus, dass das Gesamtpotential dreimal so groß ist. Im Sommer 2019 erfolgte schließlich der Rollout unseres „1.000 Dächer“-Programms, über das wir jährlich rund 10.000.000 kWh Solarstrom erzeugen und ins öffentliche Netz einspeisen werden. Noch in diesem Jahr sind die 1000 Dächer erreicht. Dieses Programm wird weiter ausgebaut.

Vonovia arbeitet auch an einer dezentralen Versorgung für Quartiere?

Wir sehen die Quartiere als zentrale Bestandteile der Mobilitäts-, Energie- und Klimawende. Im Fokus steht dabei eine dezentrale Energieversorgung, bei der die Energie vor Ort möglichst autark erzeugt, gespeichert und verbraucht wird. Insgesamt entwickeln wir derzeit 14 Quartiere mit rund 8.000 Wohnungen ganzheitlich. Vonovia denkt dabei Modernisierung, Neubau, das Wohnumfeld, soziale Kooperationen und Energiekonzepte zusammen. Damit wir den klimaneutralen Gebäudebestand erreichen und dieser für unsere Mieter bezahlbar bleibt, testen wir in unserem Modell-Quartier in Bochum-Weitmar innovative Energiesysteme. Hierzu gehören ein Elektrolyseur zur Produktion von Wasserstoff aus Strom, Brennstoffzellen und Wärmepumpen, die dazu führen, dass die anliegenden Gebäude und Haushalte zu mindestens 60 % autark - sprich mit dezentral erzeugter – CO2 -freier Wärme versorgt werden. Den benötigten Strom erzeugt Vonovia zu 25 % lokal aus eigenen PV- Anlagen auf den Dächern ihrer Gebäude.

 

[VONOVIA]

Foto: ©️2021 Simon Bierwald / INDEED Photography

Vonovia setzt auf Klimaschutz durch Innovation Am 23. April 2021 eröffnete Vonovia in ihrer Siedlung in Bochum-Weitmar die ausschließlich aus eigenen Mitteln finanzierte Energiezentrale der Zukunft (EZZ). Das zweigeschossige Gebäude inklusive Verteiler- und Erzeugungsanlagen wird 81 Wohnungen, die vorab energetisch saniert und mit Photovoltaik (PV) ausgestattet wurden, mit innovativen Energietechnologien versorgen.

Und wie steht es dabei um die Kostenbelastung für die Mieter?

Für zahlreiche der energetischen Modernisierungsprojekte werden öffentliche Förderprogramme in Anspruch genommen, um die Modernisierungen für unsere Mieter bezahlbar zu halten. Aufgrund des geplanten Mietendeckels wurden in Berlin Modernisierungsprojekte für 2019 zurückgestellt. Dennoch sind wir bundesweit mit unserer Sanierungsquote auf einem sehr guten Weg. Es sind jedoch weiterhin politische Anreize und Fördersysteme notwendig, um energetische Sanierungen wirtschaftlich und für die Mieter bezahlbar gestalten zu können. Und wir halten eine soziale Verantwortung gegenüber Mietern mit der Zusage, dass niemand seine Wohnung aufgrund finanzieller Schwierigkeiten durch Corona verliert.

Wir bedanken uns für das Gespräch.

www.vonovia.de