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Digitale Transformation für die Energie von Morgen
Die Energiewende braucht die digitale Transformation. Denn die angestrebten politischen Ziele einer umfassenden regenerativen und erneuerbaren Energieversorgung sind nur über die Digitalisierung des Energiesektors zu erreichen. Eine Wende, die nicht ohne Herausforderungen zu meistern ist. Ein Gastbeitrag von Dr. Jörg Benze, Principal Consultant für die T-Systems Multimedia Solutions GmbH.
Dr. Jörg Benze ist Principal Consultant. Seit 2006 ist er für die T-Systems Multimedia Solutions in den Bereichen Innovation, Business Development und Application Management & Cloud Services tätig. Seine Themenschwerpunkte sind hier neue Technologien, Architekturen sowie Geschäftsmodelle für die Digitalisierung im IoT- und Industrie-4.0-Umfeld.
Während bis vor einigen Jahren die Stromversorgung noch zentral gewährleistet wurde, geht der Trend hin zu einer Dezentralisierung der Erzeugungsanlagen. Diese Entwicklung stellt den Kern der Energiewende da. Die Anzahl der großen Kraftwerksblöcke, betrieben durch Kernkraft und Kohle, geht zurück und die Anzahl der dezentralen Anlagen, wie Windkraft, Biogas oder Photovoltaik steigt an. Das einfache Funktionsmodell zur Netzsteuerung, das auf den großen Kraftwerksblöcken basiert, kommt allmählich an seine Grenzen. Um trotz der vielen einzelnen Anlagen einen stabilen Netzbetrieb zu sichern, ist eine informationstechnische Vernetzung aller Komponenten erforderlich. Für die Energiewirtschaft ergeben sich dadurch interdisziplinäre Einsatzszenarien für die Informations- und Kommunikationstechnik.
Weitreichende Folgen
Der Digitalisierungsgrad der Gesellschaft ist mittlerweile so weit fortgeschritten, dass Ausfälle des Energienetzes enorme Einschränkungen des gesellschaftlichen Lebens mit sich bringen. Sämtliche digitale Dienstleistungen würden wegfallen, es würde zu etlichen Serviceunterbrechungen kommen, auch im Bereich der klassischen Versorgungsgüter. Kaum eine Branche wäre bei einem Ausfall nicht betroffen, weshalb die Digitalisierung der Energiewirtschaft essentiell ist. Sie wird damit zu einem der größten, nationalen IT-Projekte dieser Zeit.
Betriebsfähigkeit muss garantiert werden
Durch die Zunahme der notwendigen digitalen Infrastrukturen in der Energiewirtschaft ergibt sich eine weitere Herausforderung: Der Bedarf an Service- und Supportsystemen wächst unweigerlich. Denn mit der Komplexitätssteigerung des informationstechnischen Konstrukts steigt auch seine Ausfallwahrscheinlichkeit. Nur durch die entsprechenden Systeme können Störungen und Betriebsunterbrechungen proaktiv vermieden und ein zuverlässiger und sicherer Betrieb gewährleistet werden. Einrichtungen der Energiewirtschaft gehören zu den Betreibern von sogenannten Kritischen Infrastrukturen (KRITIS), weshalb ihre Betriebsfähigkeit von enormer Bedeutung ist. Die langjährige und historisch gewachsene praktische Erfahrung in der IT- und Kommunikationsbranche beim zuverlässigen Betrieb von komplexen IKT-Infrastrukturen kann hier hilfreich sein.
Elektromobilität erlebt Aufschwung
Eine weitere Herausforderung für das Energienetz: Die Nachfrage nach Ladepunkten für elektrisch betriebene Fahrzeuge steigt an. Um die flächendeckende Elektromobilität gewährleisten zu können, muss die Infrastruktur der städtischen Energienetze an die Nachfrage angepasst werden. Dazu gehört nicht nur die Einspeisung der notwendigen Energie und der Aufbau und Betrieb von Ladesäulen, sondern auch die Weiterentwicklung der zu bedienenden Kundenschnittstellen und der Abrechnungssysteme.
Startups drängen auf den Markt
Auch der Ruf der Kunden nach einer Digitalisierung der Energiewirtschaft wird immer lauter. Mehr und mehr Startups drängen mit smarten Energiemehrwertlösungen auf den Markt, die ein Angebot digitaler Services liefern, die über den reinen Strombezug weit hinausgehen. Oft fehlt den etablierten Energieversorgungsunternehmen das entsprechende Know-how und auch die Agilität, um mit der Geschwindigkeit dieser Entwicklung mithalten zu können.
Die Bereitstellung der digitalen Dienstleistungen in den diversen Sektoren eines Smart Districts erfolgt durch Unternehmen, Behörden und weiteren Organisationen, die damit ihre digitalen Geschäftsmodelle betreiben. Die digitalen Dienstleistungen sind technisch so gestaltet, dass sie über das District- User-Interface miteinander zu neuen Personal Services für die Smart District Inhabitants, was auch eine Maschine sein kann, orchestriert werden können.
Smart Districts für eine vernetzte Zukunft
Ein Modell, das einen möglichen Lösungsansatz darstellt, sind sogenannte Smart Districts. Ein Smart District ist ein lokal abgegrenzter urbaner Bereich, dessen Entitäten so vernetzt sind, dass Synergieeffekte durch bereichs- und branchenübergreifende Kooperativen genutzt werden können. Eine sektorübergreifende Kopplung und ein vernetztes Management von Erzeugern und Verbrauchern verschiedener Energiesysteme strebt eine Steigerung der Effizienzen an. Regenerative Energiequellen sollen maximal genutzt werden und wenn möglich eine Energieautarkie des Districts erreicht werden.
Diverse Dienstleister stellen ihre digitalen Leistungen in den vielfältigen sektorspezifischen Lebensbereichen bereit. Über das „District-User Interface“ sind die einzelnen Services dennoch einheitlich erreichbar und miteinander kombinierbar. Am deutlichsten zeigt sich dies am Beispiel der Vereinheitlichung unterschiedlicher Mobilitätssysteme, beispielsweise die Buchung einer Verbindung über unterschiedliche Verkehrsmittel (bspw. E-Roller, Straßenbahn, Car-Sharing) von verschiedenen Anbietern über eine einheitliche Applikation.
Solche Smart Districts, die in ihrer Energieversorgung maximal autark agieren, stärken die Stabilität des Systems insgesamt. So zumindest die Idee. Auf dem Weg in eine smarte Energieversorgung muss jedoch noch einiges passieren. Gesetze müssen angepasst und Playgrounds geschaffen werden. Denn ohne eine umfassende, sichere und erprobte Strategie, erreichen wir keine Digitalisierung der Energiewirtschaft und damit auch keine notwendige Energiewende.
Weitere Informationen: www.t-systems-mms.com