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29.04.2015 12:15 Alter: 10 yrs

Die Zukunft der Kraft-Wärme-Kopplung ist in Gefahr

Die Energiewende kann sich nicht allein am Strom orientieren. Strom und Wärme gehören zusammen, deshalb muss die Kraft-Wärme-Kopplung ein wichtiger Baustein in der Erzeugungslandschaft bleiben.   Dafür plädiert Josef Hasler, Vorsitzender des Vorstands der N-ERGIE Aktiengesellschaft in Nürnberg.


Foto: N-ERGIE

Die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) ist die effizienteste Form der konventionellen Stromerzeugung und leistet einen kostengünstigen Beitrag zum Klimaschutz. KWK-Anlagen gleichen die schwankende Erzeugung aus den erneuerbaren Energien aus und bilden so eine wichtige Stütze gesicherter Stromversorgung. Fernwärme aus KWK kann vor allem in Ballungsräumen sehr günstig Wärmeeffizienzpotenziale im Mietwohnungsbestand erschließen. Diese Funktionen machen die KWK so wertvoll für das Gelingen der Energiewende. Doch die Zukunft der KWK hängt am seidenen Faden. Die dringend notwendige Novelle des Kraft-Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) lässt auf sich warten und ihre mögliche Ausgestaltung wird heftig diskutiert. Dabei ist es unverzichtbar, dass KWK-Erzeugungsanlagen gefördert und im Sinne der Energieeffizienz und der Netzstabilität weiter ausgebaut werden.

Hocheffiziente Anlagen unter der Wirtschaftlichkeit

Derzeit lassen sich hocheffiziente KWK-Anlagen kaum wirtschaftlich betreiben. Dazu gehört zum Beispiel auch das Heizkraftwerk (HKW) der N-ERGIE in Nürnberg-Sandreuth mit einer erdgasbefeuerten Gas- und Dampfturbinen( GuD)-Anlage sowie einem Biomasse- HKW. Die Anlagen erzeugen mit einem Brennstoffnutzungsgrad von über 85 Prozent gleichzeitig Strom und Fernwärme.

Im Gegensatz zu reinen Strom-Kraftwerken können KWK-Anlagen wie das HKW in Nürnberg nicht einfach abgestellt werden, wenn der Strompreis für einen wirtschaftlichen Betrieb zu gering ist. Sie müssen zur Sicherung des Wärmebedarfs der Fernwärmekunden trotz zunehmender Kostenunterdeckung aus der Stromerzeugung weiter laufen. Soweit möglich wird die Stromproduktion unserer GuD-Anlage aber inzwischen zurückgefahren.

Selbst in Zeiten mit hohem Wärme- und Strombedarf, also beispielsweise im Winter, wenn der KWK-Betrieb besonders sinnvoll ist, sind die Erlöse für die Stromproduktion geringer als die Erzeugungskosten.

Dies kann auf Dauer dazu führen, dass die effizienteste Art der zeitgleichen Erzeugung von Fernwärme und Strom aus dem Markt verschwindet.

In unserem HKW gingen bereits 2013 die erzeugten KWK-Strommengen um über 10 Prozent gegenüber den Vorjahren zurück. 2014 lag die Stromproduktion sogar rund 30 Prozent unter dem eigentlichen KWK-Potenzial dieser Anlage. Fehlende Deckungsbeiträge aus dem Stromgeschäft treiben deshalb die Fernwärmepreise in die Höhe.

Wärmespeicher für mehr Flexibilität

Vor diesem Hintergrund entschied sich die N-ERGIE für den Bau eines 70 Meter hohen Wärmespeichers, der seit Ende 2014 in Betrieb ist. Zusammen mit zwei zusätzlichen Elektroheizern macht er das HKW deutlich flexibler und gleicht Ökostromschwankungen im Netz aus. Trotzdem wirkt die neue Anlage nur kostendämpfend auf die Fernwärmepreisentwicklung und kann die fehlenden Erlöse aus der Stromerzeugung nicht komplett kompensieren.

25-Prozent-Ziel weiterverfolgen

Bei der Ausgestaltung der Novelle des Kraft- Wärme-Kopplungsgesetzes (KWKG) fordern wir die wirksame Weiterverfolgung des im noch gültigen KWKG verankerten und im Koalitionsvertrag bestätigten Ziels, bis 2020 den Anteil der KWK an der Nettostromerzeugung auf 25 Prozent zu steigern. Dieses 25-Prozent- Ziel würde bis 2020 zu einer Einsparung von 29 Mio. Tonnen CO2 pro Jahr führen.

Im aktuellen Eckpunktepapier des Wirtschaftsministeriums zum Strommarkt wird das KWK-Ausbauziel neu definiert: Zukünftig soll nicht mehr der Anteil an der Gesamtnettostromerzeugung in Deutschland die Basis für das KWK-Ziel sein, sondern nur noch die thermische Stromerzeugung. Das heißt, nur noch der Anteil an der Stromerzeugung auf der Grundlage von Verbrennungsprozessen wie Atomkraft, Kohle, Gas und Biomasse. Die Erzeugung aus Photovoltaik-, Windkraft- und Wasserkraftanlagen zählt nicht dazu.

Dass nun der Gesetzgeber versucht, nicht das bisher gültige 25-Prozent-Ziel zu erreichen, sondern die Definition des Ziels substanziell verändert, halten wir für nicht akzeptabel. Mit dieser Umformulierung des Ziels beginnt ein schleichender Sterbeprozess der KWK. Würde die Politik das ursprüngliche KWK-Ziel kontinuierlich weiterverfolgen und den Förderrahmen entsprechend ausgestalten, wären die CO2-Einsparziele auch sicher erreichbar. Eine verabschiedete ambitionierte KWKG-Novelle bis Jahresmitte ist daher dringend notwendig und ein wesentlicher Baustein für eine erfolgreiche Energiewende in Deutschland.

„Zukunftssicherungskomponente“ für Bestandsanlagen

In der Diskussion um den Energiemarkt der Zukunft sollten der Wärmemarkt und die Wärmeinfrastruktur stärker in den Mittelpunkt rücken. Gerade in Ballungsräumen ist KWK mit Fernwärme die sinnvollste Möglichkeit, die Wärmeversorgung effizient und umweltschonend sicher zu stellen. Und kombiniert mit einem Wärmespeichersystem passt KWK mit Wärmeversorgung ideal zur dezentralen, regenerativen Erzeugungslandschaft. Denn eine erfolgreiche Wärme- und Effizienzwende kann auch die Energiewende einen großen Schritt weiter bringen.

Aus unserer Sicht muss der Fokus bei der Ausgestaltung der Novelle des KWKG auf den Erhalt und den Ausbau von KWK gerichtet sein, das heißt auf die Bestandsförderung und die Förderung von Neuanlagen. Wir sprechen uns hierbei für die vom Verband kommunaler Unternehmen e. V. (VKU) geforderte „Zukunftssicherungskomponente“ für Bestandsanlagen aus: Für KWK-Strom aus bestehenden hocheffizienten KWK-Anlagen, der in die Netze der allgemeinen Versorgung eingespeist wird, sollte ein Zuschlag in Höhe von 2 Cent pro Kilowattstunde (kWh) eingeführt werden, bis ein neues Strommarktdesign die Effizienzvorteile der KWK-Anlagen angemessen honoriert.

Um den weiteren Ausbau und die Modernisierung der KWK-Anlagen sowie der Wärmenetze und Wärmespeicher zu gewährleisten, halten wir auch eine Erhöhung der Zuschlagssätze für Neubau und Modernisierung um mindestens 2 Cent pro Kilowattstunde für notwendig.

Die Ausgestaltung der KWKG-Novelle ist unabhängig von den weiteren Diskussionen zum Strommarktdesign und muss daher ohne weitere Verzögerungen umgesetzt werden. Denn ohne eine schnelle und gut durchdachte KWKG-Novelle besteht die Gefahr, dass gerade die hocheffizienten und emissionsarmen Erzeugungsanlagen aus dem Markt verschwinden.

www.n-ergie.de