Nachricht
Die Energiewende als Motor von Innovation und Wettbewerb
Umstrukturierungen und politische Eingriffe in ein bestehendes Energiesystem sind nicht ohne Risiko. Die Energiewende in einem liberalisierten Mark ist aber Herausforderung und Chance zugleich. Und die Energiewende ist auch Motor von Innovation und Wettbewerb, wie Sven Becker, Sprecher der Geschäftsführung der Trianel GmbH, Aachen in seinem Gastbeitrag aufzeigt.
Energie ist die Basis jedweder gesellschaftlicher und industrieller Entwicklung und hat daher eine existentielle Bedeutung für moderne Volkswirtschaften. Dieser Grundsatz gilt nicht nur in Europa – dem Geburtsort der industriellen Revolution –, sondern gerade auch für die aufstrebenden Ökonomien in anderen Teilen der Welt. Damit stellt eine funktionierende Energieversorgung die essentielle Grundlage für anhaltenden Wohlstand und wachsende Wirtschaftskraft eines Landes dar. Vor diesem Hintergrund sind Umstrukturierungen und politische Eingriffe in das Energiesystem nicht ohne Risiko. Daher ist es bemerkenswert, dass es in einer Zeitspanne von nur etwa fünfzehn Jahren gleich zu zwei fundamentalen Neuausrichtungen für die Energiebranche in Deutschland und Europa gekommen ist.
Der erste Umbruch fand Ende der 1990er Jahre auf europäischer Ebene statt: Durch eine umfassende Liberalisierung des Energiemarktes sowie die Entkopplung von Netz- und Kraftwerksbetrieb wurden die traditionellen Strukturen der Energiewirtschaft, die auf Gebietsmonopolen und auf der Einheit von Erzeugung und Vertrieb beruhten, aufgebrochen und der Weg zu einer wettbewerblichen Ordnung des Energiemarktes bereitet. Rückblickend hat dieser fundamentale Systemwechsel das Entstehen neuer Ideen und Innovationen in der Energiebranche erst möglich gemacht, da die bisherigen „Versorger“ nun miteinander in den Wettbewerb um Kunden und Produkte traten. Nicht zuletzt Firmen wie die Stadtwerke-Kooperation Trianel sind eine direkte Folge der Liberalisierung und wären ohne sie nicht entstanden. Als zweiter fundamentaler Umbruch ist die Energiewende in Deutschland zu begreifen. Auf den Weg gebracht wurde sie 2000 mit dem Erneuerbare- Energien-Gesetz und dem ersten Atomausstieg, der nach den Ereignissen im japanischen Kernkraftwerk Fukushima 2011 endgültig bestätigt wurde. Auf lange Sicht soll die Energieversorgung in Deutschland auf dezentrale und erneuerbare Technologien umgestellt werden. Diese sollten im Sinne einer stabilen und sicheren Versorgung um umweltfreundliche konventionelle Erzeugungs- Technologien ergänzt werden. Dabei ist die Energiewende aber deutlich mehr als der gerade skizzierte Wechsel von konventioneller zur erneuerbaren/ dezentralen Erzeugung.
Für eine erfolgreiche Umsetzung der Energiewende werden zahllose Innovationen und Ideen notwendig sein, die auch im erheblichen Ausmaß Investitionen aller Marktteilnehmer erfordern. In einem liberalisierten Markt ist die Energiewende Herausforderung und Chance zugleich.
Trotz aller Risiken bietet die Energiewende kommunalen Versorgern eine herausragende Möglichkeit, ihr Schicksal in die eigenen Hände zu nehmen und sich aktiv an diesem Innovationsprozess zu beteiligen. Eine Beobachtung der Entwicklung gesellschaftlicher Präferenzen und daraus folgender Ableitung von neuen Geschäftsmodellen für Stadtwerke kommt eine große Bedeutung zu. Für Stadtwerke gilt es im Besonderen, aktuelle Trends zu identifizieren oder gar selbst zu setzen und ihr Produktportfolio entsprechend anzupassen. Neue Dienstleistungen rücken damit immer weiter in den Fokus. Im Vergleich zu der Situation vor der Liberalisierung sind Stadtwerke einem kontinuierlichen Wandel und einem steten Weiterentwicklungsdruck unterworfen.
Herausforderung der Synchronisation: Immer mehr Stadtwerke verstehen sich längst als Energiedienstleister. Die Abstimmung von Erzeugung und Verbrauch ist nicht nur ihre größte Herausforderung, sondern bietet Einstiegsmöglichkeiten für erfolgreiche Neugeschäfte.
Die Zukunft der Energieversorgung liegt in solchen Geschäftsmodellen, die sich aus der zunehmenden Dezentralisierung sowie Digitalisierung in energiewirtschaftlichen Prozessen ergeben. Neue Geschäftsmodelle können auch aus der weiteren Marktund Systemintegration der Erneuerbaren Energien entwickelt werden, denn in Zukunft muss die volatile Erzeugung des grünen Stroms noch viel besser mit den Bedürfnissen eines stabilen Netzes in Einklang gebracht werden. Chancen bieten außerdem die Direktvermarktung sowie die Aussteuerung der erneuerbaren Energien.
Für diese Innovations- und Investitionsleistung brauchen Stadtwerke ein stabiles und verlässliches Marktumfeld. Im Vertrauen auf die Chancen des Marktes haben vor einigen Jahren Stadtwerke begonnen, in hochmoderne und umweltfreundliche Stromerzeugungstechnologien wie Gaskraftwerke zu investieren. Die marktferne Integration des wachsenden Anteils erneuerbarer Energien bringt den Strompreis auf den Großhandelsmärkten indes unter erheblichen Druck. Der Preisverfall stellt die Wirtschaftlichkeit dieser Investitionen infrage und hat in der jüngsten Vergangenheit bereits zu Stilllegungen einzelner Kraftwerke geführt. Hier besteht politischer Handlungsbedarf, um Versorgungssicherheit einen Preis zu geben. Denn eine weitere Entwertung der Kraftwerksportfolien entzieht der Energiewirtschaft die notwendige Kraft, Investitionen in die Umsetzung der Energiewende zu leisten.
Trotz dieser Hürden liegen für Stadtwerke in der Energiewende mehr Chancen als Risiken. Beispielhaft sei der weitere Ausbau der erneuerbaren Energien genannt, der für einen erhöhten Innovationsdruck in Verteilnetzen und Laststeuerung sorgt. Die direkte Kundennähe bietet Stadtwerken dabei gute Voraussetzungen, um diesen Innovationsprozess hin zu einer erneuerbaren und dezentralen Energieversorgung aktiv mitgestalten zu können. Gehöriges Innovationspotential liegt außerdem im Bereich der dezentralen Eigenerzeugung. Stadtwerke können hier Wegweisendes leisten, indem sie ihr Produktportfolio aktiv erweitern und neue Dienstleitungen entwickeln. Gute Erfahrungen wurden bisher mit neuen Contracting-Modellen gemacht, in denen Stadtwerke ihren Kunden Solaranlagen oder kleine haushaltsnahe BHKWAnlagen zu attraktiven Bedingungen anbieten können. Viele Stadtwerke können diese Innovationen allerdings nicht alleine generieren. Daher wird in Zukunft eine verstärkte Kooperation der Stadtwerke untereinander an Bedeutung gewinnen. Neue Produkte sollten in Zukunft in Kooperationen gemeinsam entwickelt werden, so dass Synergien und Kostenvorteile sowohl für die beteiligten Stadtwerke als auch für deren Kunden geschaffen und genutzt werden können.
Stadtwerke konnten sich in der Vergangenheit von ihrer solitären Rolle als reines Versorgungsunternehmen lösen und treten nicht zuletzt aufgrund der Liberalisierung des Strommarktes und der Energiewende als marktorientierte Innovatoren für moderne Produkte und Dienstleistungen auf.
Zukünftig steht nicht mehr allein die Lieferung der leitungsgebundenen Produkte Strom oder Gas im Mittelpunkt, sondern zunehmend auch das intelligente Management eines gesamten Energieversorgungssystems. Dieses Leitbild im Blick wird es Stadtwerken gelingen alte Denkstrukturen aufzubrechen, neue Marktchancen zu nutzen und als innovative Vorreiter neue Wege zu beschreiten. www.trianel.com