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Deutsche Energiewende: Eine Blaupause für die Welt?
Der Weltenergierat – Deutschland e. V. vertritt die deutsche Energiebranche im globalen World Energy Council. Häufig wird er von seinem internationalen Netzwerk um Stellungnahme zur aktuellen energiepolitischen Lage in Deutschland gebeten. Zugleich setzt er sich dafür ein, den internationalen Aspekten der Energiewelt in der politischen Diskussion in Deutschland mehr Beachtung zu verschaffen. Die internationale Umfrage „Deutsche Energiewende – Blaupause für die Welt?“ hatte der Weltenergierat – Deutschland 2011 zum ersten Mal veröffentlicht. Im Dezember wurde das globale Netzwerk erneut zu seiner Meinung befragt. Eine Betrachtung von Dr. Uwe Franke, Präsident Weltenergierat – Deutschland e. V.
International wird die deutsche Energiewende in einer Mehrheit der befragten Länder (58 %) aufmerksam verfolgt. Energiepolitische Diskussionen oder Entscheidungen hat sie demnach aber stärker (25 %) in Europa provoziert, wohingegen außerhalb Europas der Einfluss nur schwach ist. Dies ist ein wichtiges Ergebnis der Befragung des Weltenergierat – Deutschland unter Energieexperten in 42 Ländern weltweit, die der Verein nach 2011, 2013 und 2015 nun bereits das vierte Mal durchgeführt hat.
Deutsche Energiewende wirkt stimulierend im Ausland
Gegenüber der letzten Befragung in 2015 hat sich die Wahrnehmung der deutschen Energiewende zwar verbessert; dennoch denkt die Mehrheit (60 %) der Befragten weiter nicht, sie könne als weltweite Blaupause dienen. Vier von fünf der Befragten geben an, dass zumindest Teile des Konzepts in ihrem Land adaptiert werden könnten, in 2015 waren es nur etwas mehr als die Hälfte.
Als besonders relevante Maßnahmen zur Erreichung von energiepolitischen Zielen im eigenen Land bewerteten die internationalen Experten Digitalisierung und Energieeffizienz. Die Ausweitung des Stromnetzes hielten 90 % für ein wichtiges Thema in ihrem Land, 88 % stimmten zudem für smarte Energiesysteme. Am wenigsten Relevanz wurde den Themen Kohleausstieg und Ausstieg aus dem Verbrennungsmotor bis 2030 beigemessen.
Die deutsche Energiewende stimuliert zusehends internationale energiepolitische Diskussionen. Zugleich zeigt die Umfrage klar, dass das Konzept insgesamt nicht als Blaupause bzw. nur in Teilen für übertragbar gehalten wird. Es muss noch gelingen, die Aufmerksamkeit auch in Überzeugung zu wandeln.
Zwar glauben die meisten Befragten daran, dass Deutschland seine energiepolitischen Ziele erreichen wird, allerdings sind 84 % der Meinung, dass dies entweder zeitlich verzögert oder nur teilweise gelingen wird. Die Mehrheit befürchtet – genau wie 2015 – dass die Energiewende kurzfristig Deutschlands Wirtschaftskraft schwächen kann. Allerdings ist das Bild deutlich positiver als noch in den vorangegangenen Umfragen. Langfristig gehen die Experten von einer Stärkung der Wirtschaftskraft Deutschlands durch die Energiewende aus (71 %). 75 % glauben zudem, dass die Einführung von Ausschreibungen für erneuerbare Energien der richtige Weg ist.
Andere Motivation für Energiewende im Ausland
Außerhalb Europas schlägt der Hunger nach sicherer Energie und Wirtschaftswachstum den Klimaschutz als Treiber der jeweiligen Energiewenden. Während 45 % der Europäer Klimaschutz als wichtigste Motivation für ihre Energiewende angaben, waren dies außerhalb Europas nur 5 %. Hier sind stärker Wachstum (36 %) und der Zugang zu Energie (27 %) die bestimmenden Themen.
Bezüglich der wichtigsten Instrumente für den Klimaschutz gaben 92 % der Befragten Energieeffizienzmaßnahmen als besten Weg an. Gefolgt wurden diese von Maßnahmen zur Bepreisung von CO2 – letztere vor allem dann, wenn die G20 Staaten geschlossen vorangehen (48 %).
„Efficiency first“ wird weltweit als der beste Weg für Klimaschutz angesehen. Diese zweite Säule der deutschen Energiewende ist international längst die erste. Deutlich abgeschlagen waren Fördermaßnahmen für einzelne Technologien.
Versorgungssicherheit – (k)ein nationales Thema
Von besonderem Interesse für uns war die Frage, ob Versorgungssicherheit nach Meinung der Experten auch durch Erzeugungskapazitäten außerhalb der nationalen Grenzen gewährleistet werden sollte.
Interessant deswegen, da wir insbesondere im europäischen Strommarkt heute mehr denn je ein gemeinsames Verständnis als auch die gemeinsame Verantwortung für die Gewährleistung von Versorgungsicherheit diskutieren. Die grenzüberschreitende Perspektive würde eine Mehrheit von 57 % befürworten.
Sicherlich ist die Situation jedes einzelnen Landes sehr unterschiedlich, einige sind sogar gänzlich abhängig von ihren Nachbarn. Aus der Perspektive des Weltenergierates ist jedoch die Zustimmung zur Kooperation im Energiesektor, die mit dieser Antwort reflektiert wird, ein positives Signal. Denn nur die internationale Kooperation wird es möglich machen, unsere energiepolitischen Ziele – Nachhaltigkeit, Wirtschaftlichkeit und Versorgungssicherheit - zu erreichen. Erfreulich ist, dass gerade die europäischen Experten die grenzüberschreitende Sicherung von Versorgungssicherheit mit 66 % befürworten. Ein Vertrauen, was sich weiter ausbauen lässt.
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