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Kategorie: Digitalisierung
Der Blick in die Zukunft – World Energy Outlook 2019
Im World Energy Outlook werden die Herausforderungen beim Umbau der weltweiten Energieversorgung benannt. Global gesehen besteht die zentrale Herausforderung darin, trotz eines stark wachsenden Energiebedarfs die weltweiten Emissionen von Treibhausgasen drastisch zu senken. Zugleich gilt es, die Potenziale von Energieeffizienz und erneuerbaren Energien zu heben.
Der World Energy Outlook (WEO) zählt weltweit zu den bedeutendsten Energiemarktanalysen und hat international einen großen Stellenwert. Gemeinsam mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie und dem BDI organisiert der Weltenergierat die jährliche Präsentation und Diskussion des Reports durch die Internationale Energieagentur (IEA) in Berlin.
Die Szenarien der Internationalen Energieagentur (IEA), der sogenannte „World Energy Outlook“ (WEO) sind keine Prophezeiungen. Sie geben uns aber dennoch Aufschluss über Trends, die weltweit zu beobachten sind und die die Entscheider aus Politik und Wirtschaft berücksichtigen müssen, um ein nachhaltiges, wettbewerbsfähiges und sicheres Energiesystem zu gestalten. Im diesjährigen WEO wird die globale Entwicklung der Energieversorgung in zwei Szenarien aufgezeigt. Das sind das Stated Policies Scenario (zentrales Szenario) und das Sustainable Development Szenario:
- Stated Policies Scenario legt die Entwicklung der Energieversorgung mit heute gültigen politischen Rahmenbedingungen und Zielen, in Verbindung mit einer kontinuierlichen Weiterentwicklung bekannter Technologien, zugrunde. Das Szenario bezieht auch angekündigte politische Maßnahmen ein.
- Mit dem Sustainable Development Scenario wird ein normativer Ansatz verfolgt, bei dem Zielmarken in der Zukunft definiert sind. Von diesen Zielpunkten aus erfolgt eine Rückschau auf die Gegenwart, mit der aufgezeigt wird, wie das Ziel erreicht werden könnte. Das angestrebte Ergebnis orientiert sich an den wichtigsten energiebezogenen Aspekten der UN-Ziele für nachhaltige Entwicklung. Dazu gehören die Begrenzung des globalen Temperaturanstiegs auf weniger als 2 Grad Celsius im Einklang mit dem Pariser Klima-Abkommen, der universelle Zugang der Menschen zu moderner Energie bis 2030 und eine drastische Reduzierung der Luftverschmutzung in Städten.
Global wächst der Stromverbrauch und mit ihm der Anteil Erneuerbarer
Einige Entwicklungen können analog in Deutschland sowie in der Welt beobachtet werden, wie beispielsweise der Ausbau erneuerbarer Energien. Laut WEO steigt der Beitrag von erneuerbaren Energien zur Stromerzeugung von 26 % im Jahr 2018 auf 44 % im Jahr 2040. Wasserkraft legt um 45 % zu und bleibt damit die wichtigste erneuerbare Energiequelle zur Stromerzeugung. An zweiter Stelle rangiert Wind. Die Stromerzeugung aus Wind vervierfacht sich weltweit bis 2040. Für Solarenergie wird bis 2040 sogar ein Anstieg auf das Achtfache im Vergleich zum Stand des Jahres 2018 ausgewiesen. Die Stromerzeugung aus Bioenergie als viertwichtigste erneuerbare Energiequelle verdoppelt sich bis 2040. PV wird mit über 3000 GW bis 2040 die meist installierte Leistung darstellen. 2040 wird weltweit fast drei Mal so viel Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wie 2018. Damit werden drei Viertel der in diesem Zeitraum erwarteten Zunahme im Verbrauch an Elektrizität durch die erneuerbaren Energien gedeckt.
Die bis 2040 gegenüber 2018 erwartete Zunahme im globalen Stromverbrauch hat eine Dimension, die der Summe des heutigen Stromverbrauchs der USA, der EU-28 und Chinas entspricht. Die wichtigsten Treiber der Stromnachfrage sind die Industrie (32 %), der Gebäudesektor (53 %) und dort insbesondere die Klimatisierung sowie der Verkehrssektor (12 %). Die gute Nachricht: 440 Millionen Menschen bekommen endlich Zugang zu Strom.
Afrika: Blinder Fleck der Energielandkarte als Game Changer
Natürlich werden vor allem andere Regionen der Welt – Asien und Afrika für das beeindruckende Erneuerbaren-Wachstum verantwortlich sein. Generell: Die weltweite Stromnachfrage nimmt bis 2040 um 58 % und damit mehr als doppelt so stark zu wie der Primärenergieverbrauch. Für den Anstieg des Stromverbrauchs sind zu fast 90 % die Entwicklungs- und Schwellenländer verantwortlich.
Gerade Afrika verfügt derzeit nur über 1% der globalen PV Anlagen – perspektivisch wird sich das ändern, was insbesondere mit dem enormen Bevölkerungswachstum in Afrika zusammenhängt. In den 30er Jahren wird erwartet, dass die afrikanische Bevölkerung größer ist als in China. Der Energiehunger Afrikas muss gedeckt werden. Teilweise wird dies mit eigenen Ressourcen – fossilen wie erneuerbaren – gelingen, teilweise werden sich aber globale Handelsströme verändern. Welche Bedeutung die Entwicklung Afrikas für den Rest der Welt und insbesondere für Europa hat, sollte einen größeren Raum in der hiesigen politischen Debatte einnehmen, als es aktuell geschieht.
Strom als neuer Risikofaktor in der Energieversorgung
Mit steigendem Anteil volatiler erneuerbarer Energien, steigt der Bedarf an Flexibilität im Stromsystem. Eine Erfahrung, die wir in Deutschland schon vielfach gemacht haben, und bei der wir in der Vergangenheit auf Redispatch-Maßnahmen auf der einen, und auf Reserve-Kraftwerke auf der anderen Seite gesetzt haben.
Die IEA sieht mit steigendem Erneuerbaren- Ausbau weltweit, dass die Gestaltung des Stromsystems nun ins Zentrum der Versorgungssicherheit rückt. Sie erwartet in vielen Stunden des Jahres eine Überlastung oder Unterdeckung des Stromsystems in Dimensionen, die wir heute noch nicht kennen.
Was bedeutet dies für Deutschland? Die Erfahrungen, die wir mit der Energiewende sammeln, werden in anderen Teilen der Welt nachgefragt werden. Vorausgesetzt, wir lernen daraus, wie wir auch regulatorisch den besten und günstigsten technologischen Lösungen eine Chance im Markt ermöglichen.
Trotz ambitionierter Klimapolitik: Die Pariser-Klimaziele werden nicht erreicht
Wie auch schon der Weltenergierat in seinen neuen Szenarien dargestellt hat, so bestätigt auch der WEO in seinem Stated Policies Scenario: Das in Paris beschlossene 2°-Ziel wird nicht erreicht, auch wenn der Emissionsanstieg in den nächsten Dekaden abflacht. Das liegt unter anderem daran, dass der weltweite Primärenergieverbrauch bis 2040 um 24 % im Vergleich zu 2018 weiter steigt. Im Jahr 2018 entfiel ein Drittel des globalen Energieverbrauchs auf Europa und Nordamerika.
Bis 2040 wird es nur noch ein Viertel sein (darunter zehn Prozentpunkte Europa). Der Schwerpunkt des Energieverbrauchs verlagert sich nach Asien. 2040 wird der globale Ölverbrauch 9 % höher sein als heute, der Verbrauch an Kohle bleibt konstant und wird
in den 2020er Jahren von Erdgas als weltweit zweitwichtigsten Energieträger – nach Erdöl – abgelöst. Der bis 2040 erwartete Zuwachs der Kernenergie entspricht 28 %. Kurzum: Der Energieverbrauch bleibt fossil dominiert.
In diesem Zusammenhang passen die neusten Nachrichten aus China, wo sich derzeit über 225 GW an Kohlekraftwerken im Neubau befinden, die die bestehenden Kohlekraftwerkskapazitäten von über 1000 GW ergänzen sollen. Für die IEA ist klar: Über ein Drittel der weltweit existierenden bzw. im Bau befindlichen Kraftwerke – rund 2250 GW – gehören nicht zu den effizienten Technogien. Auch wenn die CO2-Emissionen aus Kohlekraftwerken perspektivisch weiter sinken aufgrund von Effizienz-Maßnahmen oder CC(U)S (carbon capture and usage respectively storage), wird es nicht genügen, um den Zielen des im WEO skizzierten Sustainable Development Scenario gerecht zu werden.
Trotz klimapolitischen Ambitionen von Regierungen auf der ganzen Welt nehmen laut WEO die globalen energiebedingten CO2- Emissionen bis 2040 noch mit jahresdurchschnittlichen Raten von 0,3 % zu. Sie übertreffen dann mit 35,6 Milliarden Tonnen den Stand des Jahres 2018 (33,2 Milliarden Tonnen) um 7 %. In dem normativen IEASzenario Sustainable Development, wird u. a. aufgezeigt, wie die CO2-Emissionen verlaufen müssten, um sie in Einklang mit dem Pariser
Klimaabkommen zu bringen, was einen Rückgang um 52 % bis 2040 im Vergleich zu 2018 bedeutet. Dies ist verknüpft mit einer verstärkten politischen Rahmensetzung zugunsten der Nutzung erneuerbarer Energien, der Kernenergie sowie der breiten Anwendung von CC(U)S bei gleichzeitiger drastischer Reduktion der Inanspruchnahme fossiler Energien sowie einer Verbesserung der Energieeffizienz.
Deutschland muss sich positionieren – Wasserstoff als Option für globalen Klimaschutz
Was bedeutet das für uns in Deutschland? Wir müssen ein Marktumfeld schaffen, bei dem sich Technologien entfalten können, die weltweit zur Nachhaltigkeit beitragen. Die IEA benennt hier neben Energieeffizienztechnologien und CC(U)S auch Wasserstoff. Gerade in schwer elektrifizierbaren Bereichen wie Logistik, Transport und Industrie können wasserstoffbasierte Energieträger eine wichtige Rolle spielen.
Wie der Weltenergierat in seiner Analyse zu einer internationalen Power-to-X-Roadmap deutlich gemacht hat: Ambitionierte Klimaziele sind nur erreichbar, wenn erneuerbare Energien nicht allein direkt als Strom genutzt werden, sondern auch als Gas oder flüssiger Brennstoff speicherbar sind. Die Energiewende in Deutschland wird langfristig erhebliche Importe synthetischer Kraftstoffe aus dem Ausland erfordern, die aus erneuerbaren Energien erzeugt werden - sogenannten Power-to-X Produkten.
Diese lassen sich in vielen Regionen der Welt aufgrund der besseren Standortbedingungen für erneuerbare Energien deutlich günstiger produzieren als hierzulande und anschließend exportieren. Hierzu braucht es ein Zusammenspiel und Kooperation auf der internationalen Ebene. So könnte Deutschland beispielsweise Partnerschaften mit afrikanischen Staaten eingehen, die hohes Erneuerbaren Potenzial haben, um „grünen Wasserstoff“ herzustellen und zugleich ihre Wirtschaft diversifizieren wollen. Eine Chance für alle Beteiligten.
Weitere Information unter: https://www.weltenergierat. de/veranstaltungen/world-energy-outlook/