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27.04.2022 15:34 Alter: 2 yrs

Das Aus für die „kleine“ Wasserkraft?

Getreu dem Motto: „Nach der Novelle ist vor der Novelle“ hat die Ampel-Koalition die Arbeiten am EEG 2023 begonnen. Nach dem vorliegenden Entwurf würden sich die Rahmenbedingungen für die kleinen Wasserkraftwerke in Deutschland deutlich verschlechtern. Fritz Schweiger, Vorsitzender der Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e. V. benennt im Gespräch mit THEMEN!magazin den Stellenwert von Wasserkraftwerken für unsere Versorgungssicherheit.


Fritz Schweiger, Vorsitzender Vereinigung Wasserkraftwerke in Bayern e. V. Foto: privat

„Dass die Wasserkraftnutzung trotz der Verringerung der Anzahl ihrer Werke für die Verschlechterung der Gewässerverhältnisse verantwortlich sein soll, ist unstimmig und nicht nachvollziehbar. In Sachen Naturschutz hat die Wasserkraft eine wichtige Funktion: Wasserkraftwerke entfernen pro Jahr zwischen 80 und 290 Tonnen Makroplastik allein aus dem bayerischen Donauraum.“ Fritz Schweiger

Herr Schweiger, welche Sorgen haben Sie um die „kleine“ Wasserkraft?

Sollte das EEG 2023 im jetzigen Entwurf umgesetzt werden, würden sich die Rahmenbedingungen für die kleinen Wasserkraftwerke in Deutschland deutlich verschlechtern. Dies könnte das Aus für viele Anlagen bedeuten. Laut dem vorliegenden Entwurf genießt der Naturschutz im Bereich Wasserkraft absolute Priorität. Fragen des Klimaschutzes, der Versorgungssicherheit oder der Energieeffizienz werden weitestgehend ausgeblendet. Schon jetzt müssen Ertüchtigungsmaßnahmen im Bestand hohe Naturschutzhürden überwinden. Künftig wären Modernisierungsmaßnahmen in den meisten Fällen nicht mehr möglich, von einem Zubau an Wasserkraft ganz zu schweigen

Kleinwasserkraft besitzt doch aber wichtiges wirtschaftliches Potential?

Ohne Frage. Hinsichtlich Klimaneutralität und Versorgungssicherheit weist gerade die Wasserkraft als zuverlässiger, flexibler, netzstabilisierender und nicht zuletzt insel-, notstrom- und schwarzstartfähiger Energieträger auch in Krisenzeiten besondere Vorteile auf. Im Zuge zunehmender Digitalisierung der Versorgungsnetze besitzt die Wasserkraft zudem ein erhebliches technisches und energiewirtschaftliches Innovationsund Transformationspotential. Wegen ihrer Nähe zu den Stromverbrauchern vermeidet die Kleinwasserkraft bundesweit Netzausbaukosten von 750 Millionen Euro und weitere Netzdienstleistungen im Wert von 250 Millionen Euro, da sie in der Regel in die Nieder- und Mittelspannungsnetze einspeist, wo die die spezifischen Netzausbau- und Leitungsverlustkosten am höchsten sind. Dieser Zukunftsaspekt steht für einen Beitrag der Kleinwasserkraft von mehr als 1 Mrd. EUR Einsparungen an Netzausbau- und -verlustkosten

Welche Forderung haben Sie an das Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz (BMWK)?

Wir fordern mit Nachdruck von der Bundesregierung, Wasserkraft beim übergeordneten öffentlichen Interesse nicht auszunehmen. Wasserkraft sollte hier nicht anders behandelt werden als andere Erneuerbare Energien. Und es macht keinen Sinn, wenn durch die Politik Biodiversität, Klimaschutz und Versorgungssicherheit gegeneinander ausgespielt werden.

Deshalb erwarten wir gemeinsam mit dem Bundesverband Deutscher Wasserkraftwerke e. V. (BDW), dass kurzfristig in einem Fachgespräch zur Wasserkraft im Rahmen der EEG-Konsultationen nicht nur die gewässer-ökologische Sicht, sondern auch die Argumente der Wasserkraft für Klimaschutz, Versorgungssicherheit und Energieeffizienz gegeneinander abgewogen und berücksichtigt werden.