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Kategorie: Transformation
Chance für erneuerbare Kraftstoffe nutzen
Der MWV Mineralölwirtschaftsverband e.V. vertritt eine Branche, die wesentliche Beiträge zum Erreichen der Klimaziele leisten kann und will. Dahinter stehen die Potenziale der bewährten deutschen Infrastruktur mit Raffinerien, Pipelines, Tanklagern und Tankstellen. Raffinerien investieren bereits heute in den Klimaschutz und produzieren „grünen“ Wasserstoff, der mit Hilfe von Ökostrom gewonnen wird.
In einem Gastbeitrag verweist Prof. Dr.- Ing. Christian Küchen, Hauptgeschäftsführer des Mineralölwirtschaftsverbandes (MWV), Berlin, auf die Potenziale der Branche und zieht eine gemischte Bilanz zu den Beschlüssen des Klimakabinetts.
Die Einführung einer CO2-Bepreisung im Verkehr wird ausdrücklich begrüßt, die vorgeschlagene Ausgestaltung reicht aber nicht aus, um Marktchancen für erneuerbare Kraftstoffe zu verbessern. Positiv sieht der Verband die geplante staatliche Unterstützung für Forschung und Entwicklung bei klimafreundlichen synthetischen Kraftstoffen (E-Fuels). Allerdings gibt es in den Details viel Raum für Verbesserungen im jetzt anstehenden Gesetzgebungs- und Umsetzungsprozess.
Zwar gehen die Eckpunkte für das Klimaschutzprogramm 2030 der Bundesregierung auch ausführlich auf das Thema „Bezahlbarkeit“ ein. Allerdings fehlt eine umfassendere und konsequente Umstellung der heutigen Energiesteuer auf eine CO2-Bepreisung. In anderen Punkten bedarf es ebenfalls der Nachschärfung, sollen die Klimaziele erstens überhaupt und zweitens möglichst effizient erreicht werden.
Synthetische Kraftstoffe (E-Fuels) und Biokraftstoffe fördern
Positiv ist vor allem das grundsätzliche Bekenntnis, für die Entwicklung und Produktion klimaneutraler Kraftstoffe (E-Fuels) die geeigneten Rahmenbedingungen zu schaffen. Die Bundesregierung bekennt sich dabei auch zur industriepolitischen Initiative der EU mit dem Ziel, eine leistungsfähige Versorgung mit erneuerbaren Kraftstoffen aufzubauen. So kann die bewährte Lager- und Tank-Infrastruktur weiterverwendet werden.
Die Politik wählt hier den richtigen Weg. Denn alle Analysen zeigen, dass solche erneuerbaren Kraftstoffe im Verkehrssektor, und das nicht nur im Luft- und Seeverkehr, sondern auch auf der Straße, einen substanziellen Beitrag leisten müssen, wenn wir die Klimaziele sicher erreichen wollen. Und auch im Gebäudebereich wird man langfristig nicht nur auf die Voll-Elektrifizierung dieses Sektors setzen können.
Bezüglich Biokraftstoffe (Biofuels) sehen die Eckpunkte vor, die Entwicklung von klimafreundlichen flüssigen Kraftstoffen aus Biomasse zu unterstützen. Die Basis bilden Abfall- und Reststoffe, die nicht für die Konkurrenz von „Tank und Teller“ stehen. Solche fortschrittlichen Biokraftstoffe bieten ein sehr gutes Potenzial zur Senkung der Treibhausgasemissionen im Verkehr.
Diese Ankündigungen müssen in einem nächsten Schritt – nach Abstimmung des Pakets in Bundestag und Bundesrat – mit konkreten Maßnahmen unterlegt werden. Aus Sicht der Industrie ist schnelle Klarheit zu den zukünftigen Rahmenbedingungen erforderlich. Deutschland hat damit die Chance, bei fortschrittlichen Kraftstoffen zum weltweiten Vorbild zu werden.
Es gilt: CO2-Preis richtig machen
Über den geplanten Einstieg in eine nationale CO2-Bepreisung würden sich Benzin, Diesel, Heizöl und Erdgas verteuern, von 3 Cent mehr je Liter 2021 bis maximal 11 Cent im Jahr 2025. Damit werden Kraftstoffe zunächst einmal nur teurer; der Einfluss dieser Preiserhöhung auf Verbrauch und den gewünschten Klimaschutzeffekt ist völlig offen.
Auf jeden Fall muss sichergestellt sein, dass eingesetzte CO2-arme Kraftstoffe wie Biofuels und E-Fuels nicht zusätzlich belastet werden, sich also nicht „aus Versehen automatisch mitverteuern“. Auch muss verhindert werden, dass Industrieunternehmen, die dem europäischen Emissionshandel (ETS) unterliegen, beim Bezug von z. B. Erdgas oder Heizöl nicht doppelt belastet werden: durch die für diese Unternehmen erforderlichen Zertifikate im europäischen ETS und durch Kosten durch nationale Zertifikate beim Bezug eben dieser Produkte.
Der entscheidende Schritt bei der Einführung einer CO2-Bepreisung ist im Eckpunktepapier aber nicht enthalten: Die Umwandlung der Energiesteuer in eine CO2-Bepreisung bei Kraftstoffen. Das wäre ein konsequenter Schritt, der das Steuersystem auf das Klimaschutzziel ausrichten würde. In einem ersten Schritt könnten Energiesteuersätze auf Kraftstoffe auf die EU-Mindeststeuersätze reduziert werden, für Benzin derzeit 35,9 Cent je Liter. Der restliche Teil der heutigen Energiesteuer, in Deutschland 29,55 Cent je Liter, könnte sofort aufkommensneutral in eine CO2-Bepreisung überführt werden.
In einem zweiten Schritt könnte sich nach einer Überarbeitung der EU-Energiesteuerrichtlinie die Besteuerung der Kraftstoffe vollständig an den CO2-Emissionen orientieren. Das würde beispielsweise für Benzin einen Preis von 275 bis 300 Euro je Tonne CO2 ermöglichen, ohne dass der Verbraucher höhere Steuersätze als heute zu tragen hätte.
Ein solcher Umbau des Steuersystems wäre ein deutliches - auch international sichtbares - Signal, dass Deutschland auf dem Weg zur Reduzierung der Treibhausgasemissionen allen dafür erforderlichen Technologien den Weg ebnet. Ein somit kurzfristig realisierbares hohes CO2-Preissignal auf Kraftstoffe ohne signifikante Mehrbelastung der Verbraucher würde Investitionen in den Hochlauf von erneuerbaren Kraftstoffen anreizen, da diese dann fast oder vollständig steuerfrei wären. Denn Ziel ist nicht, die Kraftstoffe teurer, sondern sie sauberer zu machen.
Luftfahrt: Mögliche Mehreinnahmen in E-Kerosin investieren
Natürlich ist ein Klimaschutzprogramm, das zehn Jahre tragen soll und durch zahlreiche Kompromisse gekennzeichnet ist, zahlreichen Kritikpunkten ausgesetzt. Dazu gehören die unbefriedigende Ausgestaltung der geplanten CO2-Bepreisung als „Emissionshandel mit festem Preis“ – eine Quadratur des Kreises, um allen politischen Zielvorstellungen gerecht zu werden - genauso wie die fehlenden konkreten Maßnahmen, die den nötigen Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe substantiell anreizen.
Dennoch bietet das Eckpunktepapier eine gute Basis, um wichtige Schritte zum Erreichen der Klimaziele einzuleiten.
www.mwv.de
Auch erneuerbare Kraftstoffe brauchen Unterstützung
In den vorliegenden Beschlüssen fehlt es weitgehend an konkreten Maßnahmen zur Unterstützung der Marktentwicklung fortschrittlicher erneuerbarer Kraftstoffe – ganz im Gegensatz zu den sehr detaillierten und vielfältigen Förderungen der E-Mobilität. Dies gilt unter anderem für die umfassende Förderung beim Aufbau der Ladeinfrastruktur und beim Fahrzeugkauf über substanzielle Kaufanreize und erhebliche Steuervorteile für Dienstwagennutzer. Im Sinne eines fairen Wettbewerbs um die beste Lösung („Level Playing Field“) plädieren wir für eine vergleichbare Einstiegsförderung bei erneuerbaren Kraftstoffen. Würden synthetische Kraftstoffe und Fahrzeuge mit Verbrennungsmotoren so behandelt bzw. gefördert wie heute schon E-Autos und elektrischer Strom, könnten erneuerbare Kraftstoffe mit mehr als 2 Euro/Liter gefördert werden. Hier sollte also bei den jetzt anstehenden Gesetzesvorhaben erheblich nachgearbeitet werden.
Ölheizung modernisieren und "hybridisieren"
Eines ist sicher: Über ein Verbot neuer Ölheizungen würden die Klimaziele im Wärmemarkt nicht erreicht. Es würde vielmehr dazu führen, dass Bürger an ihren bestehenden Heizungen festhalten, Investitionen in effizientere Technologien ausbleiben und dadurch dem Klimaschutz ein Bärendienst erwiesen wird.
Bereits der aktuelle Eckpunkte-Beschluss – keine reinen neuen Ölheizungen ab 2026 – verursacht eine Verunsicherung der Verbraucher. Dabei geht unter, dass Ölheizungs- Hybrid-Lösungen, also die Kombination mit erneuerbaren Energien weiter möglich sein sollen. Besser im Sinne des Klimaschutzes sind technologieoffene Anreize, die eine Verringerung der Treibhausgasemissionen unabhängig von den durchgeführten Maßnahmen honorieren.
Eckpunktepapier des Klimakabinetts ist dennoch eine gute Basis
Kompromisse gekennzeichnet ist, zahlreichen Kritikpunkten ausgesetzt. Dazu gehören die unbefriedigende Ausgestaltung der geplanten CO2-Bepreisung als „Emissionshandel mit festem Preis“ – eine Quadratur des Kreises, um allen politischen Zielvorstellungen gerecht zu werden - genauso wie die fehlenden konkreten Maßnahmen, die den nötigen Markthochlauf erneuerbarer Kraftstoffe substantiell anreizen