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Bundesregierung leitet Energie-Mangelwirtschaft für Deutschland ein
Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger hat im Bayerischen Ministerrat die Entscheidung von Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck kritisiert, das Kernkraftwerk Isar 2 nur als Notfallreserve für wenige Monate bereitzuhalten, anstatt über die Jahreswende hinaus am Netz zu halten und dringend benötigten Strom zu produzieren. Kernkraftwerke als Notfallreserve sind ein schlechter Witz der Berliner Ampelkoalition, meint Bayerns Wirtschaftsminister im Gespräch mit THEMEN!magazin.
„Berlin scheint die schwierige Lage des Mittelstandes zu verkennen. Bundesweit kämpfen kleine und mittelständische Betriebe aufgrund explodierender Energiekosten ums Überleben. Und dem Bund fällt nichts Besseres ein als drei Kraftwerke vom Netz zu nehmen.“ Hubert Aiwanger
Herr Aiwanger, Sie kritisieren die Einstufung von Isar 2 als Notfallreserve, warum?
Kernkraftwerke als Notfallreserve in Betrieb zu halten ist ein Berliner Hauptstadtwitz ohne Pointe. Eine solche Perspektive ist nach einem halben Jahr des Wartens in höchstem Maße enttäuschend. Die Netzbetreiber haben den Bedarf für die Verlängerung der drei AKW kommuniziert, der Wirtschaftsminister sieht es als geringeres Übel an, Unternehmen bei Stromengpässen zeitweise vom Netz zu nehmen. Diese politische Mangelverwaltung statt ausreichender Energieproduktion schadet dem Industriestandort Deutschland.
Welche Position vertritt der bayerische Ministerrat?
Wir fordern von der Bundesregierung eine Laufzeitverlängerung der drei verbliebenen Meiler, die Ende dieses Jahres abgeschaltet werden. Zudem sollten rechtzeitig Brennstäbe nachbestellt werden, um auch den Winter 2023/24 versorgungsmäßig abzusichern. Mit dem bayerischen Kernkraftwerk Isar 2 und den zwei weiteren deutschen Kernkraftwerken Emsland und Neckarwestheim 2 könnten wir Strom für 10 Millionen Haushalte produzieren.
Ist das Bundeswirtschaftsministerium noch Herr der Lage?
Leider muss ich feststellen, dass Robert Habeck lieber das Risiko eines Blackouts und weitere Anstiege beim Strompreis in Kauf nimmt. Es ist schon erstaunlich, dass in Berlin Parteientscheidung offenbar über der Fachentscheidung steht. Entlarvend ist die Aussage Habecks, dass die Atomkraft eine Frage der Identität - für die Grünen - ist. Auch ich bin kein Freund der Atomenergie, weil sie Risiken mit sich bringt. Sie sind eine kurzfristige und pragmatische Überbrückungslösung, um uns das Zeitfenster zu eröffnen, die wir für den Ausbau der Erneuerbaren Energien benötigen. Denn angesichts der aktuellen Lage sehe ich keine Alternative, weil ein Weiterbetrieb der Atommeiler aus technischer Sicht möglich ist. Der gesamte Kohle- und Atomausstieg Deutschlands basierte darauf, dass wir die Gasversorgung als sichere Brücke hätten. Wenn diese Brücke jetzt wegbricht, müssen wir alle Energie-Optionen nutzen, die wir aktuell haben. Denn die Installation von neuen und tragfähigen Energie-Brücken mit Wasserstoff oder Windund Sonnenenergie ist nicht von heute auf morgen in dem Volumen zu realisieren, wie wir es bräuchten.
Was regt Sie am meisten auf?
Die Bundesregierung leitet eine Energie-Mangelwirtschaft für Deutschland ein. Bei Stromknappheit werden im Zweifel lieber Betriebe vom Netz genommen, als dass die Grünen über ihren ideologischen Schatten springen und in der Stunde der Not Atomstrom akzeptieren. Über die wirtschaftlichen Folgen und eine mögliche industrielle Eiszeit möchte ich gar nicht nachdenken. Zahlreiche Mittelständler wie Bäcker, Brauer oder Kfz-Handwerker fürchten um ihre Existenz. Dieser nicht mehr auszuschließenden Betriebsschließungswelle sollten wir aktiv gegensteuern.