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20.12.2022 15:14 Alter: 2 yrs

BIL eG – die Betreibergemeinschaft übernimmt Verantwortung

Nicht erst seit Amtsantritt der neuen Bundesregierung stehen einige volkswirtschaftliche Anforderungen zur Erledigung an. Die Planungs- und Genehmigungsverfahren müssen beschleunigt, der Breitbandausbau muss unter den Marktakteuren besser koordiniert werden und die Optimierung des Netzausbaus im Kontext der Energiewende gehört zum Kerngeschäft einer ganzen Branche. Jens Focke, Vorstand der BIL eG, dem führenden Portal für Leitungsauskunft benennt in seinem Gastbeitrag die Vorteile des Anfrageportals.


Jens Focke, Vorstand BIL eG Foto: BIL

„Die erweiterte Funktion im BIL-Anfrageportal ermöglicht Betreiberidentifikation bei Hochspannungsbeeinflussung im Zuge der Energiewende.“ Jens Focke

Angesichts dringend geforderter Beschleunigung von Planungs- und Genehmigungsverfahren in Deutschland erweist sich das Fehlen eines georeferenzierten, zentralen Betreiberregisters und seine digitale Verfügbarkeit für Planungs- und Kommunikationszwecke als hinderlich. Bereits 2007 wurden Versuche zur Umsetzung der INSPIRE Direktive (Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Schaffung einer Geodateninfrastruktur in der Europäischen Gemeinschaft) vorangetrieben, die in den EU-Mitgliedstaaten sehr unterschiedlich umgesetzt werden. Die gewünschte Transparenz von Daten stößt meist immer dort an Grenzen, wo es um Geschäftsgeheimnisse von Privatunternehmen oder um den Schutz kritischer Infrastrukturen geht.

Kooperation für optimierten Leitungsauskunfts-Prozess

Um einen für alle Seiten optimierten Leitungsauskunfts-Prozess zur Sicherheitssteigerung im Tiefbau aufzusetzen, haben sich Betreiber mit besonders kritischen Leitungsinfrastrukturen zusammengetan, um nach dem niederländischen Beispiel „KLIC“ eine Planungs- und Bauanfragemöglichkeit zu schaffen. In unserem Nachbarland mit seinen über 1.100 Leitungsbetreibern ermöglicht ein zentrales, digitales Leitungsauskunftsportal die Beantwortung eines Anfragebegehrens innerhalb von nur 48 Stunden.

Seit 2016 hat es die deutsche Betreibergemeinschaft, bestehend aus allen Mitgliedern der Branchenverbände en2X, FNB Gas, des VCI und weiteren insgesamt über 120 Infrastrukturbetreibern aller Branchen geschafft, das BIL-Portal für seine Leitungsauskünfte zu etablieren und erfüllt bereits weitgehend die in den Niederlanden gelebte Realität. Damit unterstützt die Betreibergemeinschaft drei wesentliche Kern-Themen, welche die Bundesregierung vor der Brust hat:

1. Beschleunigung der Planungsund Genehmigungsverfahren

Das BIL-Betreiberportal nimmt seit 6 Jahren mit einer über 99,8 %igen Verfügbarkeit im 24/7-Betrieb Planungs- und Bauanfragen entgegen. Diese werden nach ihrer räumlichen Relevanz für den Betreiber auf Basis seiner eigenen Daten geprüft, ihm digital innerhalb seiner Infrastruktur zugestellt und inklusive Antwortprozess mit allen Unterlagen rechtssicher dokumentiert und archiviert. Die nach geltendem Regelwerk nur durch den Leitungsbetreiber selbst zu tätigende Leitungsauskunft ist damit vollständig abgebildet.

Der standardisierte Prozess ermöglicht eine Beschleunigung durch automatisierbare Prozesse, einfache Einbindung in existierende Systeme und effektive Kommunikationswege. 68% der im BIL-Portal eingehenden Planungs- und Bauanfragen werden innerhalb von 48 Stunden beantwortet. Die Gefahr des „Vergessenwerdens“ ist durch die Bekanntheit des Gemeinschaftsportals weitgehend ausgeschlossen. Gleichzeitig lässt sich verzeichnen, dass analog und per Mail formulierte Anfragen deutlich zurückgehen, da auch Behörden und Kommunen ihre Verfahren zunehmend auf digitale Prozesse umstellen. Dadurch lässt sich der Antwortprozess als Teil eines gesamtheitlichen Genehmigungsprozesses bei Planungs- und Baumaßnahmen messbar beschleunigen. Dieses genossenschaftliche Gemeinschaftsprojekt ohne Gewinnerzielungsabsicht steht allen in Deutschland tätigen Betreibern zur Mitwirkung offen.

2. Beschleunigung des Breitbandausbaus

Die Bundesnetzagentur betreibt den Infrastrukturatlas des Bundes (ISA) u.a. zur Beschleunigung des Breitbandausbaus. Hier werden Akteure koordiniert, deren Zusammenarbeit den Netzausbau voranbringt. Die bestmögliche Koordination der Mitverlegungen in den benachbarten Infrastrukturen macht aber erforderlich, dass alle relevanten Bauaktivitäten im ISA verfügbar sind. Die Meldepflicht von derartigen Bauaktivitäten ist durch das Telekommunikationsgesetz geregelt.

Im BIL-Portal wird dem Anfragenden diese Meldung durch eine seit Oktober 2021 aktive Schnittstelle zwischen dem BIL-Portal und dem ISA abgenommen. Dadurch ist das Volumen von koordinierungsrelevanten Vorhaben im ISA um ein Vielfaches gestiegen, weil die barrierefreie Nutzung des BIL-Portals einen Sog erzeugt, der dem ISA wichtige Informationen zuführt und dort für Einsichtsberechtigte transparent macht. Hier wird einerseits dem Bautätigen geholfen, der gesetzlichen Melde-Verpflichtung nachzukommen, und andererseits dem ISA beim Erreichen seines Zieles: Effizienz im Breitbandausbau.

3. Unterstützung des Netzausbaus im Kontext der Energiewende

Der Neubau von Versorgungsinfrastrukturen ist üblicherweise die teuerste und langwierigste Option, um Netzkapazitäten dezentral bereit zu stellen. Daher analysieren die vier großen Übertragungsnetzbetreiber Strom im Bundesgebiet kurzfristig regional, inwieweit das bestehende Netz zeitweise stärker ausgelastet werden kann. Der sog. witterungsabhängige Freileitungsbetrieb gestattet diese Vorgehensweise unter der Voraussetzung, dass nach Maßgabe des Energiewirtschaftsgesetzes (EnWG) alle möglicherweise von elektromagnetischen Emissionen betroffen Leitungsbetreiber kontaktiert worden sind.

Die Durchführung von Auswirkungsanalysen setzt die Identifikation von parallel zu den Hoch- und Höchstspannungstrassen verlaufenden Leitungssystemen in definierten Abständen voraus. Die Betreibergemeinschaft der BIL eG hat zu diesem Zweck eine Analyseund Reportingfunktionalität ähnlich der Zuständigkeitsprüfung im Rahmen der Leitungsauskunft entwickelt und kann damit auf Basis aktueller Daten die benachbarten Leitungsbetreiber online identifizieren. Damit kann das BIL-Portal die Übertragungs- und Hochspannungsnetzbetreiber maßgeblich darin unterstützen, die Nutzung der bestehenden Transportnetze in Deutschland zu optimieren.

Die drei genannten Beispiele beinhalten ein erhebliches Beschleunigungspotential durch die Nutzung digitaler Daten und Prozesse in einem gemeinschaftlich verabredeten Rahmen. Mit der Fachkenntnis einer Betreibergemeinschaft und der Investitionsbereitschaft progressiver Unternehmen liefert das Leitungsauskunftsportal bei den genannten Fragestellungen einen glaubwürdigen, fachlich kompetenten und nicht gewinnorientierten Rahmen. Und ein weiterer Vorteil: Die genossenschaftliche Organisationsform gestattet die gleichberechtigte Mitwirkung jedes teilnehmenden Betreibers bei der Lösung unternehmensübergreifender Fragestellungen.

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„Das bereits von fast allen Fernleitungsbetreibern mit Stahlrohrleitungen eingesetzte bundesweite Informationssystem für Leitungsrecherchen (BIL) bietet ein geeignetes Verfahren, um Parallelverläufe mit Spannfeldern der Hoch- und Höchstspannungstrassen zu identifizieren.“

Lars Henter

Amprion GmbH