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30.04.2013 13:11 Alter: 12 yrs
Kategorie: Grüne Gase

Bewältigung der europäischen Wasserproblematik: Blueprint to Safeguard Europe’s Water

Wasser ist lebenswichtig und das wichtigste aller Kollektivgüter. Der achhaltige Umgang damit ist unerlässlich, damit für alle Ökosysteme genug qualitativ hochwertiges Wasser zur Verfügung steht. Nur so können sie ordnungsgemäß funktionieren sowie für Lebensmittel- und Nahrungssicherheit, Gesundheit, Gesellschaft und Wirtschaft zur Verfügung stehen. Das Europäische Parlament hat deshalb zur weiteren Umsetzung eines Ordnungsrahmens für Maßnahmen der Gemeinschaft im Bereich der Wasserpolitik einen Initiativbericht zur Umsetzung der Wassergesetzgebung der EU auf den Weg gebracht und den “Blueprint to Safeguard Europe’s Water“ veröffentlicht. In seinem Beitrag für Themenmagazin Energie erläutert Richard Seeber, Mitglied des EU Parlaments (Fraktion der europäischen Volkspartei) die strategischen Inhalte. Er war Berichterstatter zum Entwurf dieser Entschließung zur Bewältigung der europäischen Wasserproblematik.


Foto: © European Union 2011 PE-EP
Grafik: S. Jacob, www.punkt191.de

Warum eine neue Gesamtstrategie zur Bewältigung der europäischen Wasserproblematik? Der Strategie Europa 2020 für eine effizientere Nutzung der Ressourcen stehen noch viele Hemmnisse entgegen. So kommt es oftmals aufgrund von ineffizienten Methoden zu Wasserverschwendung, es mangelt an Nachhaltigkeit, die Wasserinfrastruktursysteme sind häufig veraltet und es gibt zu wenige Informationen über die tatsächliche Ausschöpfung oder die Verluste. 

Aber der Übergang zu einer ökologischen Wirtschaft kann nur durch Berücksichtigung der Wasserprobleme erfolgen. Denn wir erleben weiterhin, wie unsachgemäß gereinigtes Abwasser nach wie vor eine sich nicht vermindernde Verschmutzung der EU-Meeresküsten verursacht und es deshalb unbedingt notwendig ist, die Einführung einer Infrastruktur für die Abwasserreinigung in den Mitgliedstaaten zu beschleunigen. 

Die Europäische Union hat mit der Wasserrahmenrichtlinie (WRR) einen Ordnungsrahmen zum Schutz und zur Wiederherstellung sauberen Wassers in der EU geschaffen. Mit dem Ziel, bis 2015 einen „guten ökologischen und chemischen Zustand“zu erreichen und Wasser langfristig und nachhaltig zu nutzen. Allerdings zeigt die Überprüfung der Bewirtschaftungspläne für die Einzugsgebiete, die gemäß der Richtlinie von Mitgliedstaaten aufgestellt wurden, dass eine beträchtliche Anzahl an EU-Gewässern aufgrund von schon länger bestehenden als auch von neuen Problemen bis 2015 nicht als in „gutem Zustand befindlich“ deklariert werden dürfte.

Zu erwägen ist auch, dass Wasser besonders von den Folgen des Klimawandels gefährdet ist. Was dazu führen könnte, dass weniger und qualitativ schlechteres Wasser zur Verfügung steht, besonders Trinkwasser, und dass es häufiger zu Überflutungen und Dürren kommt, die zudem intensiver ausfallen. Eine neue Gesamtstrategie zur Bewältigung der europäischen Wasserproblematik steht deshalb aktuell auf der Agenda.

Grenzen der Nachhaltigkeit beachten

Wasser ist ein lebenswichtiges und unveräußerliches öffentliches Gut. Dass gute Wasserwirtschaft sowohl bei der Erhaltung des Naturerbes und der Ökosystemleistungen der Welt als auch in Bezug auf sämtliche Aspekte der Ressourcen nutzung und einer wirtschaftlichen Produktion eine wichtige Rolle spielt ist unbestritten. Auch, dass die Zukunft der europäischen Industrie von einer Bewältigung der gegenwärtigen Wasserproblematik sowie der Bewirtschaftung der Wasserressourcen abhängt, da diese direkte Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit, die Energieerzeugung,die Landwirtschaft und die Nahrungsmittelsicherheit hat.

Die Entwicklung zeigt, dass Europa gegenwärtig etwa 13 % seiner insgesamt vorhandenen Süßwasserreserven verbraucht und diese gefährdet sind. Sorge macht zudem, dass vielerorts die Wasserentnahme über ein nachhaltiges Maß hinausgeht. So liegt in einigen südeuropäischen Regionen der Wasserverbrauchsindex über 40 %, was die Wasserreserven über Gebühr belastet.

Die Frischwasserressourcen Europas und der Welt sind gefährdet, wenn wir die Grenzender Nachhaltigkeit missachten: Verstädterung, Bevölkerungswachstum, zu hoher Konsum, biologische und chemische Verschmutzung, hydromorphologische Veränderungen und Klimawandel üben auf die Verfügbarkeit und Qualität sauberen und sicheren Wassers immer mehr Druck aus. Künftiges Wirtschaftswachstum ist nur dann nachhaltig, wenn es von den negativen ökologischen Auswirkungen auf Wasser entkoppelt wird.

Wasserrahmenrichtlinie europaweit besser umsetzen

Wie schneiden wir nun in der Europäischen Union ab? Die bisherige Wassergesetzgebung bietet ein robustes Rahmenkonzept für nachhaltige und effiziente Wasserwirtschaft; die 2000 angenommene Wasserrahmenrichtlinie kann als Meilenstein der europäischen Wasserpolitik gesehen werden. Mit einem integrierten Ansatz, bei dem die Wasserwirtschaft auf Einzugsgebietsebene im Mittelpunkt steht, erweitert die Richtlinie den Wasserschutz auf alle Oberflächengewässer und auf Grundwasser. Darüber hinaus legt sie ein Nachhaltigkeitsziel fest, bei dem es um den aus ökologischer, chemischer und quantitativer Sicht „guten Zustand“ geht, der bis 2015 von europäischen Gewässern zu erzielen ist.

Die WRR wurde in den europäischen Ländern und Regionen bisher jedoch nur langsam umgesetzt und auch die Ergebnisse sind recht unterschiedlich ausgefallen. So wird jetzt deutlich, dass eine beträchtliche Anzahl an Gewässern in der EU bis 2015 aufgrund von bereits bestehenden und neuen Problemen nicht als „in gutem Zustand befindlich“ deklariert werden wird.

In diesem Zusammenhang hat die Kommission unterschiedliche Auswertungen der Wassersituation in der EU eingeleitet und einen „Plan zum Schutz der Wasserressourcen Europas“ erstellt. In diesem „Blueprint to Safeguard Europe’s Water“ werden die politischen Maßnahmen der EU vorgestellt. Mit dem Ziel auf derzeitige und künftige Wasserprobleme so zu reagieren, dass ausreichend Wasser von guter Qualität zur Verfügung steht, das auf nachhaltige und gerechte Art und Weise genutzt werden kann. Dieser Plan wird im Rahmen der Strategie „Europa 2020“ bei wasserrelevanten Themen ein Meilenstein für den Fahrplan für Ressourceneffizienz sein, die Politik wird er jedoch langfristig, und zwar bis 2050, beeinflussen.

Welche Schwerpunkte enthält die aktualisierte Wasserstrategie?

Der regionalen Dimension ist mehr Aufmerksamkeit zu schenken. In ganz Europa werden etwa 13 % des insgesamt vorhandenen Wassers entnommen, die Ressourcen sind aus geografischer Sicht jedoch sehr ungleichmäßig verteilt. Zahlreiche europäische Länder und Regionen leiden unter starker Wasserknappheit. Eine allgemein gültige Lösung ist daher nicht möglich: Die regionale und lokale Dimension sollte gestärkt werden, indem lokale Interessenvertreter und Gebietskörperschaften in allen Phasen der Politikgestaltung und -umsetzung in den partizipativen Prozess einbezogen werden. Und die Kommission sollte den Kapazität aufbau fördern sowie klare Richtlinien für die Umsetzung aufstellen.

Hinsichtlich der Wassermenge sind verlässliche Daten zu schaffen. Zwar wurde der Fragmentierung verfügbarer Daten, besonders hinsichtlich der Wasserqualität, durch die Politik Einhalt geboten, doch ist in Bezug auf die Verfügbarkeit von Wasser noch immer eine entscheidende Wissenslücke vorhanden. Es muss unbedingt bestimmt werden, wie viel Wasser in Einzugsgebiete hinein- und aus ihnen herausfließt. Ebenso wichtig ist die Ermittlung, wie viel Wasser pro Sektor entnommen wird, und dass dem Wasserinformationssystem für Europa (WISE) mehr Bedeutung zugesprochen wird. Neue Hauptindikatoren sollten die unter Verwendung von Wasser bereitgestellten Ökosystemleistungen berücksichtigen und verwenden, um messbare Zielvorgaben besonders für Wassereffizienz festzulegen.

Wasser sollte als Thema in allen Politikbereichen Berücksichtigung finden. Wollen wir eine funktionsfähige umweltfreundliche Wirtschaft, dann müssen die entsprechenden Pläne in allen Politikbereichen Anwendung finden: wasserrelevante Ziele sollten auf allen Ebenen der europäischen, nationalen und regionalen Rechtsvorschriften integriert werden. Und es ist wichtig, dass die unterschiedlichen legislativen Instrumente besser angepasst und aufeinander abgestimmt werden. Beispielsweise müssen die noch vorhandenen Widersprüche zwischen der WRR, der Nitratrichtlinie, der REACH-Verordnung sowie Natura 2000 beseitigt werden.

Wasserschutz verlangt einen ganzheitlichen Ansatz. Der Schutz der Wasserressourcen, und ganz besonders des Trinkwassers, ist aus globaler Perspektive zu betrachten. Hierbei sind sämtliche unter Verwendung von Wasser bereitgestellte Ökosystemleistungen zu berücksichtigen. Von fundamentaler Bedeutung ist, dass Verschmutzung an der Quelle kontrolliert wird. Nur so ist zu vermeiden, dass gefährliche Stoffe in die Umwelt gelangen und die Belastung der Abwasserbehandlung verringert wird. Bei der Anpassung an den Klimawandel sind stets die Auswirkungen auf Wasserressourcen zu berücksichtigen.

Größere Effizienzsteigerungen in wasserrelevanten Themen erzielen. Ressourceneffizienz ist eine Vorreiterinitiative von „Europa 2020“, und die Wassereffizienzspielt bei dieser Strategie eine zentrale Rolle. Denn Wassermenge und Wasserqualität sind untrennbar miteinander verbunden. So ist der Zusammenhang zwischen Energie und Wasser von grundlegender Bedeutung: Laut einer kürzlich durchgeführten Studie sind in der EU bis hin zu 45 % der Wasserentnahme auf den Energiesektor zurückzuführen. Durchaus mit Folgen auf die Wasserqualität. Der Einsatz von Zählern und umweltgerecht entwickelten Geräten kann die Effizienz in öffentlichen Wassersystemen und in der Industrie deutlich steigern. Ebenso sollten neue Bewässerungstechniken und -praktiken sowie Beratung der Landwirte dazu führen, dass die Wassereffizienz in der Landwirtschaft höher ausfällt. Dieser Sektor ist mit im Schnitt um 30 % der Wassernutzung ein wichtiger Entnehmer.

Erneute Nutzung und das Recycling von Wasser in EU-Rechtsvorschriften regeln. Vor allem in Regionen mit Wasserknappheit kann die erneute Nutzung von Wasser zur Bewässerung oder in Haushalten ein wichtiges Instrument für Wassersicherheit sein. Im rechtlichen Regelwerk sollte explizit auf Wasserrecycling eingegangen werden, wobei die technologischen Fortschritte zu berücksichtigen sind, die die wirksame Überwachung der Qualität des aufbereiteten Wassers ermöglichen.

Forschung und Innovation sind weiter zu fördern. Die Kommission und die Mitgliedstaaten sollten für Forschungsprojekte, bei denen es um folgende Themen geht, ausreichend Mittel zur Verfügung stellen: Regenwassersysteme, Zählertechnologien, Methoden zur Überwachung und Entfernung von Punktquellen, Methoden zum Zerstreuen chemischer und biologischer Schadstoffe sowie Technologien für die Wassereinsparung und die Wassereffizienz in städtischen und ländlichen Gegenden. Die bevorstehende „Europäische Innovationspartnerschaft Wasser“ sollte hier von allen Interessenvertretern als ideales Instrument zum Bündeln der Innovationsbemühungen unterstützt werden.

Zum Erreichen der Wasserziele sind Wirtschaftliche Instrumente notwendig. Bei der WRR wird bereits darauf abgezielt, „den richtigen Preis festzulegen“, aber wir benötigen weitere transparente Preisvereinbarungen, bei denen die Kosten vollständig abgedeckt werden sowie die Verursacherund Benutzerprinzipien Anwendung finden. Bei den Tarifen, die für die persönliche Nutzung von Wasser in Rechnung gestellt werden, sollten jedoch stets soziale Gesichtspunkte berücksichtigt werden.

Internationale Dimension stärken Obwohl angekündigt wurde, dass das Millenniumziel der Vereinten Nationen für sauberes Trinkwasser frühzeitig erreicht worden ist, nutzen mehr als 800 Millionen Menschen noch immer Wasser, das nicht als Trinkwasser geeignet ist. Auch das Ziel für sanitäre Grundversorgung ist noch lange nicht erreicht. Europa sollte sich hier weltweit stärker engagieren, besonders im Hinblick auf die bevorstehende Rio+20- Konferenz für nachhaltige Entwicklung.

Abschließend lässt sich sagen, dass auf EU-Ebene entschieden gehandelt werden muss, damit sich derzeitige und künftige Probleme, die auf unserem Kontinent in Sachen Wasser bestehen oder auftreten werden, bewältigen lassen. Mit der Aufnahme der vom Parlament vorgelegten politischen Empfehlungen hat die Kommission bei der Ausarbeitung des „Plans zum Schutz der Wasserressourcen Europas“ diese berücksichtigt. Die weitere Umsetzung der strategischen Inhalte des Dokumentes wird uns in Europa helfen, eine wirksamere und besser integrierte Wasserpolitik zu betreiben sowie einheitliche Bedingungen für die Umsetzung der Wasserstrategie zu schaffen.

Im Internet: http://audiovisual.europarl.euro