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Automation und Künstliche Intelligenz: Neue Möglichkeiten für die digitale Energiewirtschaft
Künstliche Intelligenz (KI), Data Science oder Machine Learning (ML) stehen derzeit ganz weit oben auf der IT-Roadmap von Unternehmen, auch in der Energiebranche. Der Einsatz dieser neuen, datenbasierten Anwendungen bietet tatsächlich ein hohes Potenzial für Unternehmen und ist gleichzeitig Wachstumstreiber für die gesamte Technologiebranche.
Bernd Loseke, Director bei Arvato Systems, zeigt in seinem Beitrag, warum gerade jetzt die Zeit für Künstliche Intelligenz reif ist und welche Anwendungen in der Energiewirtschaft bereits Realität sind.
Foto: Arvato Systems / Britta Schröder
Was ist Künstliche Intelligenz? KI imitiert die menschliche Fähigkeit zu sehen, zu hören, zu analysieren und zu verstehen - zum Beispiel für die Bilderkennung oder die Verarbeitung von natürlicher Sprache. Dabei ist sie keineswegs so neu, wie oftmals vermutet: Erste KIAnwendungen wurden bereits in den 1950er Jahren entwickelt, der Begriff selbst stammt aus einem Aufsatz des US-amerikanischen Infor matikers John McCarthy aus dem Jahr 1956.
Für den Durchbruch der KI in Unternehmen und Märkten fehlten lange Zeit jedoch die verfügbaren Daten („Big Data“) sowie die erforderliche leistungsfähige Hardware. Bis jetzt: Denn inzwischen sind die entsprechenden Systeme in der Lage, auf Basis großer Datenmengen – deren Bestand nicht zuletzt aufgrund der Digitalisierung wächst – sehr feine, granulare Einblicke zu erlangen. Diese parallelen Entwicklungen ermöglichen nun erstmals praktikable und reife KI-Anwen dungen in Unternehmen, die besser und schneller mit Daten und Kunden umgehen können.
Von der Erzeugung bis zum Vertrieb: Gerade in der Energiewirtschaft kann künstliche Intelligenz an vielen Stellen der Wertschöpfungskette nützlich eingesetzt werden. Dabei lohnt sich der KI-Einsatz beispielsweise für die Abbildung von Kundenanfragen und Tickets, in der vorausschauenden Wartung („Predictive Maintenance“) oder im Umfeld der Smart Meter Services.
KI für den Netzbetrieb
Die Weiterentwicklungen im Bereich der Künstlichen Intelligenz können sich beispielsweise Netzbetreiber zunutze machen, wenn sie auf Basis von KI genau prognostizieren können, wie stark ihr Netz ausgelastet sein wird. Dabei kommt eine wichtige Teildisziplin der KI zum Einsatz, das Machine Learning (ML, deutsch: maschinelles Lernen). Machine Learning bedeutet, dass IT-Systeme anhand von Algorithmen Muster in Datenbeständen erkennen und die daraus gewonnenen Erkenntnisse für neue Fragestellungen und Lösungsstrategien nutzen können. Die Software „lernt“ dabei eigenständig und entwickelt sich autonom weiter.
Bis jetzt greifen viele Netzbetreiber für die Netzüberwachung häufig auf Systeme zurück, die nach festen Schwellwertkriterien operieren. Das heißt: Die Systeme überwachen, ob sich die betrachteten Zielgrößen innerhalb eines vordefinierten Wertebereichs befinden. Möchte das Unternehmen einen Aspekt des Netzes dauerhaft überwachen, wie etwa den Lastfluss, muss es dafür feste Schwellwerte definieren, die eine Vielzahl von Normalzuständen gesamtheitlich abdecken. Damit lösen zustandsspezifische Abweichungen häufig keinen Alarm aus. Mittels KIVerfahren wird diese Überwachung nun wesentlich sensitiver und flexibler: Netzbetreiber können die festdefinierten Schwellwerte nämlich auflösen. Denn durch KI wird automatisch erkennbar, wann mit welcher Auslastung zu rechnen ist – basierend auf einer Zeitreihenmessung, die eine Unterscheidung etwa zwischen Typtagen wie Wochentagen oder Wochenende ermöglicht. Die Netzlast kann zum Beispiel Sonntagnacht sehr gering ausfallen, während wochentags in den Morgen- und Abendstunden Höchstwerte auftreten. Auf Basis der gesammelten Daten, zum Beispiel durch Smart Metering, kann der Netzbetreiber anschließend Verhaltensmusteruntersuchen und systematisieren. Und er kann gleichzeitig Lastprofile, wie etwa Industrie- oder Privatkundenprofile, die beispielsweise auch PV-Erzeugungsanlagen berücksichtigen, erstellen. Das zu erwartende Verhalten lässt sich dann feingranular auf Basis der verschiedenen Einflussgrößen abbilden, was auch generelle Korrelationen zur Außentemperatur oder zum Wetter einschließt.
Die Anomalien, die im Netz erkannt werden, basieren damit nicht mehr auf zuvor definierten Schwellwerten, sondern auf variablen Umgebungsparametern. Fällt der Wert geringer oder höher aus als erwartet, kann der Netzbetreiber bedarfsgerecht reagieren. Der Service lernt selbständig das typische Verhalten der Datenreihe, identifiziert ungewöhnliche Verhaltensweisen und alarmiert kritische Situationen frühzeitig - die integrierten Prognosen werden dann zur weiteren Planung verwendet.
Hallo Chatbot: KI in der Kundenkommunikation
Digitale Kundenkommunikation über alle Kanäle hinweg und zu jeder Zeit – dieser Anspruch an Energieversorgungsunternehmen lässt sich mit der Unterstützung von Künstlicher Intelligenz und Machine Learning erfüllen. Kunden wünschen sich die schnelle Beantwortung ihrer Fragen – die tatsächlich in mehr als 90 % wiederkehrende Standardauskünfte beinhalten. Genau diese häufig gestellten Fragen können durch sogenannte Chatbots automatisiert bearbeitet werden. Ein Chatbot ist ein textbasiertes Dialogsystem, welches das Chatten mit einem technischen System erlaubt. Mit steigender Computerleistung können Chatbot-Systeme immer schneller auf immer umfangreichere Datenbestände zugreifen und daher auch intelligente Dialoge für den Nutzer bieten. Solche Systeme werden dann als virtuelle persönliche Assistenten bezeichnet, die auf Anfrage auch Standardinformationen zum Unternehmen und zu Produkten liefern. Durch das maschinelle Lernen kann der Chatbot Anfragen automatisch klassifizieren und ähnliche Anfragen erkennen. Diese Anfragen mit ähnlichen oder identischen Ergebnissen können dann vollständig automatisiert werden.
Auch wenn der Integrationsaufwand anfangs hoch ist, bieten Chatbots den Unternehmen einen enormen Mehrwert, da viele Prozesse wesentlich effizienter gestaltet werden. Die Automatisierung von mehr und mehr Aufgaben bedeutet optimierte Prozesskosten, weniger menschliche Fehler und eine 24/7-Verfügbarkeit.
Effektivitäts-Optimierung im Kraftwerksbetrieb
Auch beim Betrieb von Kraftwerken mit ihrem komplexen System aus Komponenten können Unternehmen auf KI-Unterstützung setzen. Häufig werden in den technischen Anlagen viele verschiedene Komponenten von verschiedenen Herstellern eingesetzt. Diese einzelnen Assets sind für sich optimiert und werden auf Grundlage der einzelnen Wartungsempfehlungen der Hersteller betrieben. Die Steuerung des Kraftwerks erfordert also bisher eine Berücksichtigung komplexer Abhängigkeiten, die individuell vom Operator eingebracht werden.
Unter Nutzung von Künstlicher Intelligenz können zukünftig ideale Schalthandlungen abgeleitet werden, um den aktuellen und perspektivischen Energiebedarf am effektivsten zu decken. Dabei wird der Operator in seinen Entscheidungen unterstützt, um die wirtschaftlich optimale Fahrweise für den Kraftwerksbetrieb zu erreichen.
KI der Zukunft: Automatisierte Geschäftsentscheidungen
Der Rohstoff der Zukunft sind Daten – ein Rohstoff, der gerade in der digitalen Energiewirtschaft nahezu im Überfluss vorhanden ist. Die intelligente Verarbeitung dieser Daten wird zukünftig noch mehr zum Hebel für den wirtschaftlichen Erfolg von Unternehmen in der Energiewirtschaft werden. Das Repertoire der neuen technologischen Möglichkeiten bietet hier einzigartige Möglichkeiten, um Geschäftsentscheidungen zukünftig zu automatisieren und Zukunftsprognosen in Echtzeit bereitzustellen.
KI ist jedoch nicht nur eine Chance für Unternehmen, sondern auch eine Aufgabe, die langfristig und strategisch vorbereitet werden muss. Akteuren des Energiemarktes, denen es am schnellsten und umfassendsten gelingt, die Potenziale von Künstlicher Intelligenz erfolgreich für Ihr Kerngeschäft zu nutzen, werden zukünftig die wesentlich bessere Position in ihren Märkten einnehmen können.
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