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Auf dem Weg in die Zukunft 4.0
Die im Juli 2013 gegründete Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (WWE) ist zu 100 % im Besitz von 52 Kommunen und (Land-) Kreisen in Ostwestfalen-Lippe, im Weserbergland und im nördlichen Sauerland. Als Holding steuert die Westfalen Weser Energie die gesamte Unternehmensgruppe mit den operativen Tochterunternehmen: Westfalen Weser Netz GmbH (WWN), Energieservice Westfalen Weser GmbH (ESW) und Westfalen Weser Beteiligungen GmbH (WWB).
Zu den Erfolgsfaktoren und der strategischen Ausrichtung der Unternehmensgruppe Westfalen Weser Energie GmbH & Co. KG (WWE) sprachen wir mit Geschäftsführer Dr. Stephan Nahrath.
Foto: WWE
Herr Dr. Nahrath, die Westfalen Weser Energie-Gruppe ist ein Erfolgsmodell für die Rekommunalisierung. Worauf führen Sie die erfolgreiche Entwicklung zurück?
Seit Juli 2013 agieren wir für die Region als ein rein kommunaler Energiedienstleister. 52 Städte und Gemeinden sind an dem Unternehmen beteiligt, möglicherweise sind es im kommenden Jahr schon 53 Partner. 24 weitere Kommunen sind Konzessionsgeber.
Die Westfalen Weser Energie-Gruppe vereint regionale Kräfte und vertritt gezielt kommunale Interessen. Ganz im Sinne der eigenen Kommune, allerdings mit der gebündelten, wirksamen Tatkraft aller Nachbarn. Die Unternehmensgruppe steht dabei nicht im Wettbewerb zu den Stadtwerken der Region, sondern pflegt ein partnerschaftliches Verhältnis.
Dieser solidarische Zusammenschluss bietet jeder einzelnen Kommune, die das Strom-, Erdgas- oder Wassergeschäft in eigener Hand behalten möchte, einen erheblichen Eigennutzen. Während sie den vollen Ertrag aus den eigenen Netzen erwirtschaftet, gibt die Kommune das unternehmerische Risiko nahezu komplett an die Westfalen Weser Energie- Gruppe ab. Wichtig ist, dass die Wertschöpfung aus den Netzen in der Region bleibt. Für unsere Kommunen sind wir der kompetente Ansprechpartner für alle Energiefragen und für die Umsetzung der Energiewende vor Ort. Als fachkundiger Netzbetreiber bietet Westfalen Weser Netz eine überdurchschnittliche Netzqualität und damit höchste Versorgungssicherheit. Langjährige Erfahrung, Effizienz und Regionalität sind entscheidende Faktoren dafür, dass wir für unsere Anteilseigner verlässlich eine angemessene Rendite erwirtschaften.
Im Übrigen sichert unsere Netztochter durch zielgerichtete Investitionen in die Erneuerung und den Ausbau der Netze die nachweislich schon sehr hohe Versorgungssicherheit auf allen Netzebenen. Dafür spricht eine durchschnittliche Ausfallzeit von nur 50-75 % des Bundesdurchschnitts, und dies bei einer Einspeisung von erneuerbaren Energien von über 40 % des Verbrauchs in der Region. Grundlage dafür sind die jährlich vorgesehenen Investitionen von 50 bis 60 Mio. Euro. Sie bleiben zum überwiegenden Teil in der Region und stärken hier die Wirtschaftskraft.
Die Unternehmensgruppe hat für die Energieservice Westfalen Weser GmbH eine neue Vertriebsstrategie aufgelegt, gibt es bereits erste Ergebnisse?
Unser Tochterunternehmen Energieservice Westfalen Weser ist nach einer Phase der Konsolidierung und Umstrukturierung auf einem guten Weg. Das Unternehmen nutzt die gesetzlichen Rahmenbedingungen in den Bereichen Kraft-Wärme-Kopplungsanlagen, Energieeffizienz und Erneuerbare Energien, um kundenorientiert profitabel zu wachsen.
Das Leistungsspektrum umfasst unter anderem maßgeschneiderte Energie- und Contractinglösungen für Industrie und Gewerbe, Kommunen und öffentliche Einrichtungen, Quartierslösungen und Wärmeprodukte für die Wohnungswirtschaft. Die dabei eingesetzten Technologien reichen von der Kraft- Wärme-Kopplung (etwa Blockheizkraftwerke), Kesselanlagen, Wärmepumpen, Nah- und Fernwärmenetzen über Druckluft- und Kälteanlagen bis hin zu Biogas- und Holzhackschnitzelanlagen. Um eventuell riskante Ausfälle in der Stromversorgung zu vermeiden, bietet der Energiedienstleister für kritische Infrastruktur eine unterbrechungsfreie Stromversorgung als Sicherheitsprodukt im Contracting an.
Aktuell versorgt die ESW über 2.500 Objekte mit mehr als 14.500 Wohneinheiten mit Wärme – zuverlässig und umweltschonend mit Erdgas-, Bioerdgas- oder Umweltwärme. In Zukunft kommt das neu entstehende Wohngebiet „Springbach Höfe“ in Paderborn dazu. Dort wird ESW die zentrale Wärmeversorgung für über 160 Gebäude mit bis zu 700 Wohnungen mit zwei Blockheizkraftwerken übernehmen. Das Projekt läuft übrigens in enger Zusammenarbeit mit den Paderborner Stadtwerken.
Die Digitalisierung der Energieversorgung geht nicht an der Westfalen Weser Energie-Gruppe vorbei. Welche Weichen sind hier gestellt?
Als Energieversorger und –dienstleister sind wir natürlich in die Digitalisierung involviert. Mit unserer operativen Gesellschaft, der Westfalen Weser Netz, beginnen wir in diesem Jahr die Umsetzung. WWN legt so die Basis für die Digitalisierung der Energieversorgung in der Region. Der Einbau von sogenannten „modernen Messeinrichtungen“ in allen Neubauten hat begonnen. Darüber hinaus werden vorrangig Zähler ausgetauscht, deren Eichung abläuft. Standardmäßig wird erst einmal der mechanische Ferrariszähler gegen einen elektronischen Zähler ausgewechselt – der Kunde bekommt eine moderne Messeinrichtung. Bei jedem 8. Anschluss von WWN muss ein intelligentes Messsystem (moderne Messeinrichtung plus Gateway) eingebaut werden. Die Datenverarbeitung hierfür übernimmt die GWADRIGA, eine gemeinsame Beteiligung von EWE, RheinEnergie und WWN. Hinzu kommt für WWE die Entwicklung tragfähiger Konzepte und Pilotprojekte im Bereich Glasfaser, um die Digitalisierung voranzubringen.
Sie engagieren sich auch stark für den wissenschaftlichen Nachwuchs, warum?
Kooperationen und Forschungsprojekte mit Versorgern, Hochschulen und anderen Institutionen sind essentiell für die weitere Gestaltung der Energiewende und insbesondere für die Digitalisierung der Energieversorgung. Für uns als Westfalen Weser Energie-Gruppe ist die Unterstützung von wissenschaftlicher Arbeit und wissenschaftlichem Nachwuchs in der Region ein wichtiger Teil unserer strategischen Entwicklung und elementarer Standortfaktor im Sinne der kommunalen Daseinsvorsorge. Unter dem Motto „Gemeinsam Energie bewegen“ fördern wir deshalb gemeinsam mit den Hochschulen in der Region Studierende und Absolventen aus unterschiedlichen Fakultäten.
Wir loben jährlich den „Energy Award“ aus, mit dem besonders engagierte Studierende und Absolventen ausgezeichnet werden, die sich mit dem Themengebiet Energie beschäftigen. Mit dem Wettbewerb soll zudem die Zusammenarbeit zwischen der heimischen Energiewirtschaft, den Universitäten und Fachhochschulen im Netzgebiet gefördert werden.
Aktuell haben Sie mit Stromnetz Hamburg (SNH) eine Vereinbarung zum Thema Elektromobilität unterzeichnet, mit welchem Hintergrund?
Beide Unternehmen sind davon überzeugt, dass eine strategische Zusammenarbeit im Bereich Elektromobilität vorteilhaft ist. WWN und SNH haben eine ähnliche Historie, sind zu 100 % kommunal und ergänzen sich in der Kooperation aus großem Flächennetzbetreiber
und städtischem Netzbetreiber ideal. Wir sind Partner auf Augenhöhe mit dem gemeinsamen Ziel, die Ladeinfrastruktur in unseren Verteilnetzgebieten kundenfreundlich voranzubringen. Wir wollen als Vertragsparteien das bereits schon heute gut eingebundene ITBackend der Stromnetz Hamburg GmbH gemeinsam weiterentwickeln und dessen Funktionsumfang erweitern. Das IT-Backend ermöglicht unter anderem die Steuerung und Überwachung sämtlicher Ladepunkte, ebenso wie die Anbindung verschiedener Elektromobilitätsprovider für RFID-Karten und Direct-Pay-System-Anbieter.
Es sollen u. a. auch Funktionalitäten geschaffen werden, um einheitliche Angebote für Kunden und maßgeschneiderte Produkte anbieten zu können. Damit nimmt die Stromnetz Hamburg GmbH die zukünftige Ladeinfrastruktur im Netzgebiet der WWN in ihr ITBackend auf.
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